Was ist Direktvertrieb? Definition, Hintergrund & Beispiele

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Was ist Direktvertrieb? Definition, Hintergrund & Beispiele

Wann hatten Sie das letzte mal Besuch von Ihrer Dildofee? Noch gar nicht? Dann waren Sie vermutlich kein Gast auf einer der zahlreichen Verkaufspartys, die die ca. 4000 Mitarbeiterinnen des aufstrebenden Direktvertriebsunternehmens in den letzten Jahren veranstaltet haben. Der Direktvertrieb hat 2016 mehr als 17 Milliarden Euro erwirtschaftet und besteht längst nicht mehr nur aus Tupperware, Vorwerk und Co. Doch was ist Direktvertrieb genau und worauf beruht sein Erfolg?

Was ist Direktvertrieb? - die Definition

Direktvertrieb ist der direkte Verkauf von Produkten vom Hersteller an den Endkunden außerhalb von Geschäftsräumen ohne den Umweg über einen Zwischenhändler. Ort für den Verkauf ist im B2C-Bereich die Wohnung oder ein wohnungsnaher Ort und im B2B-Bereich der Arbeitsplatz. Bekannte Beispiele für Firmen, die Direktvertrieb betreiben, sind Tupperware, Vorwerk, Prowin, PartyLite und AMC. Im B2B-Bereich gibt es z.B. Computerhersteller Dell oder Schraubenhersteller Würth. Letzterer bezeichnet den Direktvertrieb in einer Pressemitteilung sogar als “Motor des Erfolgs”.


Welche Formen des Direktvertriebs gibt es?

Auch wenn viele beim Begriff Direktvertrieb direkt an den Verkauf von Produkten durch persönlichen Kontakt denken, gehören zumindest nach den meisten Definitionen (so z.B. auch der von Wikipedia) auch digitale Absatzwege wie der Telefonverkauf oder eCommerce zu den Unterformen des Direktvertriebs. Der Bundesverband Direktvertrieb Deutschland e.V. (BDD) sieht das jedoch anders und legt in einer Studie folgende Definition von Direktvertrieb zugrunde: “Der persönliche, non-mediale Verkauf von Konsumgütern und Dienstleistungen außerhalb von Geschäftsräumen. Direktvertrieb ist damit nicht nur der Verkauf von Produkten in der Wohnung oder am Arbeitsplatz des Kunden, sondern auch auf Messen, Märkten oder Fußgängerzonen.”

Im Folgenden finden Sie nun eine Übersicht über die wichtigsten Formen des Direktvertriebs, die mediale Absatzwege miteinschließt:


Heimvorführungen

Heimvorführungen oder Verkaufspartys sind die beliebteste Form des Direktvertriebes. Dies ist nicht zuletzt dem sogenannten “Social Selling” geschuldet, bei dem wir uns durch die Meinung von Freunden und Bekannten gerne zum Kauf verleiten lassen. 

"Die Verkaufsparty bedient die Sehnsucht nach dem Haptischen in unseren virtuellen Zeiten." - Prof. Dr. Florian Kraus

Das beste Beispiel hierfür sind altbekannte “Tupperpartys” oder noch weniger weit verbreitete “Dildopartys”: bei Heimvorführungen wird nicht nur ein Interessent beraten, sondern direkt mehrere. Ort des Geschehens ist in der Regel die Wohnung eines Interessenten. Diese Vertriebsform bietet Interessenten und Kunden die Möglichkeit, die Produkte ausgiebig zu testen und sich darüber mit anderen, meist Gleichgesinnten, auszutauschen.


Vertreterverkauf

Erfunden von Vorwerk im Jahr 1926 werden beim Vertreterverkauf Produkte und Waren hauptsächlich durch Handelsvertreter vermarktet, die Kunden zuhause oder am Arbeitsplatz besuchen und dort Beratungsgespräche oder Vorführungen durchführen.

                                                                                                                            Bild: Vorwerk Kobold

Heimdienste

Heimdienste sind die “Bofrost”-Form des Direktvertriebes. Kunden werden in fester Regelmäßigkeit zuhause besucht und mit Konsum- oder Verbrauchsgütern versorgt.


Strukturvertrieb / Network Marketing / Multi-Level-Marketing

Beim Network Marketing, auch Strukturvertrieb oder Multi-Level-Marketing genannt, geht es neben dem Verkauf von Konsumgütern auch um das Anwerben neuer Vertriebsmitglieder im Sinne des Ausbaus der Unternehmensstruktur. Eine ausführliche Erklärung zur Funktionsweise dieser Form des Direktvertriebs und wie sie sich von illegalen Schneeballsystemen abgrenzt, lesen Sie in unserem Blogbeitrag “Network Marketing vs. Schneeballsysteme - Funktionieren Schneeballsysteme auch im Sommer?”.


eCommerce

eCommerce ist die Form des Direktvertriebs, bei der der gesamte Kaufprozess online abgewickelt wird. Eine persönliche Beratung gibt es hierbei in der Regel nicht.


Telefonverkauf

Beim Telefonverkauf werden sowohl die Akquise als auch die Beratung und der Verkauf von Produkten ausschließlich per Telefon abgewickelt.

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Wer arbeitet im Direktvertrieb?

Thermomix nennt es “Repräsentant/in”, bei Tupperware schimpft man sich “PartyManager” und Prowin ist ganz klassisch mit “Vertriebspartner”. Doch was sind das für Personen, die für diese Unternehmen arbeiten?

Für den B2C-Bereich lässt sich diese Frage schnell und pauschal beantworten: Hausfrauen, Mütter und unterbezahlte junge Bürokauffrauen.

Sieht man sich die offiziellen Zahlen des BDD an, zeigt sich, dass dieses Klischee relativ realitätsnah ist und auch was die Ursachen dafür sind:


1. Produktaffinität  

In vielen Fällen ist es so, dass die Vertriebsmitarbeiter zuvor selbst nur Kunden waren und sich aufgrund ihrer Überzeugung für die Produkte dazu entschließen, diese zu vertreiben. Dies hat den Vorteil, dass diese Vertriebler eine hohe Produktkompetenz und Begeisterung mitbringen, die beim Verkaufen hilfreich ist. Da Putzmittel, Kochtöpfe, Kerzen und andere Haushaltswaren auch heute noch mehr Frauen als Männer anziehen, sind mit 72 % deutlich mehr Frauen als Männer in der Branche tätig. Der Frauenanteil in Führungspositionen liegt sogar über 83 %. Möchte man beispielsweise Dildofee werden, muss man aber ohnehin weiblich sein, denn das Unternehmen hat sich “Von Frauen - für Frauen” auf die Fahnen geschrieben und stellt nur weibliche Feen ein.

                                                                                                                       Bild: Vorwerk Thermomix

2. Flexibilität

Neben der Produktaffinität ist die flexible Arbeitsgestaltung ein zentraler Grund, warum sich viele für den Direktvertrieb entscheiden. Dies bestätigt auch eine Studie der Uni Mannheim. Laut Angaben des DDV sind 96% der Direktvertriebler nur nebenberuflich tätig. In der Regel können die Vertriebspartner/innen selbst entscheiden, wie viel und vor allem wann sie arbeiten. 

Laut Angaben des DDV sind 96% der Direktvertriebler nur nebenberuflich tätig.

Diese Flexibilität geht automatisch mit einer Familienfreundlichkeit einher, die so nur wenige Arbeitgeber bieten können. So ist es sowohl Müttern als auch Vollzeit Berufstätigen möglich, abends oder am Wochenende zu arbeiten. Dadurch können sie immer dann, wenn der Mann die Kinder nimmt bzw. die eigentliche Arbeitszeit vorbei ist, noch einen Nebenjob ausüben und ein Zubrot verdienen.


3. Aufstiegschancen / Ansehen / Verdienst

Wie bereits erwähnt liegt der Anteil von Frauen in Führungspositionen im Direktvertrieb bei über 83%. Das zeigt, dass der Einstieg in den Direktvertrieb auch für karriereorientierte Frauen durchaus reizvoll sein kann. Oft wird in der Branche das “Alles ist möglich”-Prinzip propagiert. Damit soll verdeutlicht werden, jede(r) kann entsprechend der eigenen Ambitionen entscheiden wie viel sie oder er in den Job und die eigene Karriere investieren möchte. Natürlich steigt mit dem erwirtschafteten Umsatz nicht nur der Verdienst, sondern man erarbeitet sich damit eine höhere Position und damit einhergehend mehr Ansehen. Dieser Effekt zeigt sich insbesondere beim Network Marketing, wo mehr Engagement sich schnell in einer höheren Position in der Pyramide widerspiegelt.


4. Einfacher Einstieg

Für eine Karriere im Direktvertrieb muss man kein langwieriges Bewerbungsverfahren durchlaufen und keine bestimmten Qualifikationen mitbringen, jeder kann einfach und ohne Vorkenntnisse einsteigen. Seriöse Direktvertriebsunternehmen schmeißen auch niemanden ins kalte Wasser, sondern bieten Schulungen, (Info-)Materialien und Tipps für den Einstieg an. Außerdem nicht zu vergessen: viele neue Mitarbeiter werden von Freunden akquiriert. So haben sie von Anfang an einen kompetenten Ansprechpartner in ihrem persönlichen Umfeld.

Auch wenn es im Direktvertrieb einen deutlichen Frauenüberhang gibt, kann grundsätzlich jeder, der die erforderlichen Eigenschaften mitbringt, in diesem Bereich arbeiten. Der Markt ist derart vielfältig, dass sicher für jeden etwas dabei ist, der sich dahingehend engagieren möchte. Eine Auswahl finden Sie im nächsten Abschnitt.


10 Beispiele für deutsche Direktvertriebsunternehmen

Dell 
Umsatz: 74 Milliarden USD (weltweit; 2016)
Hersteller von Computern und anderer Hardware

Würth
Umsatz: 4,8 Milliarden Euro (2015)
Hersteller von Befestigungs- und Montagetechnik




Vorwerk

Umsatz: 3,058 Milliarden Euro (weltweit; 2015)
davon 1,285 Milliarden Thermomix,
0,8 Milliarden Kobold, 0,4 JAFRA

Hersteller von Haushaltsgeräten, insbesondere
Staubsauger (Kobold) und Küchenmaschine (Thermomix),
Kosmetika (JAFRA), Teppichen und anderen Bodenbelägen



Unitymedia

Umsatz: 2,172 Milliarden Euro (2015)
deutscher Kabelnetzbetreiber
bofrost
Umsatz: 742 Millionen Euro (2016)
Europäischer Marktführer im Direktvertrieb von Speiseeis und Tiefkühlwaren

Tupperware Deutschland
Umsatz: 212,9 Millionen Euro (2015)
Hersteller von Küchen- und Haushaltsartikel aus Kunststoff


proWIN Winter GmbH

Umsatz: 134 Millionen Euro (2015)
Hersteller von Reinigungsmitteln und Wellnessprodukten für private Haushalte


AMC - Alfa Metalcraft Corporation

Umsatz: 107,3 Millionen Euro (2013)
Weltmarktführer im Verkauf von Edelstahlkochgeschirr

PartyLite
Umsatz: 10,7 Millionen Euro (2011)
Vertreiber von Kerzen und Wohnaccessoires



Dildofee

Umsatz: ca. 10 Millionen Euro Jahresumsatz
Vertrieb von Körperpflegeprodukten und Sexspielzeug


Warum überhaupt noch Direktvertrieb?

Wie kann es sein, dass die Branche Direktvertrieb in diesen schnelllebigen Zeiten, in denen man quasi alles online kaufen kann und will, weiterhin jedes Jahr höhere Umsätze einfährt? Worin liegen die Vorteile des Direktvertriebs? Was bietet Direktvertrieb, was andere Vertriebsformen nicht bieten?

Die Antwort auf diese Fragen ist simpel: Gerade in Zeiten des unpersönlichen Onlinehandels, wo meist keinerlei Beratung stattfindet, schätzen Kunden den persönlicher Kontakt und die Beratung umso mehr. Zum Tragen kommt das ganz besonders bei beratungsintensiven Produkten oder solchen, die Spaß machen sollen. Hinzu kommt, dass man beim Direktvertrieb in der Regel auch nach dem Kauf einen kompetenten Ansprechpartner hat, der sich Fragen und Problemen annimmt. Bestes Beispiel hierfür sind die Staubsaugervertreter von Vorwerk, die gerne bereit sind, ihre Staubsauger am Teppich oder den Polstermöbeln der Kunden vorzuführen, sie in das Gerät einzuweisen und in regelmäßigen Abständen zur Überprüfung der Geräte vorbeischauen.

Zudem haben alle Formen des Direktvertriebs gemeinsam, dass Kunden die Produkte anfassen und testen können. Daraus resultiert auch die extrem niedrige Rücksendequote im Direktvertrieb. Während im normalen Onlinehandel jedes dritte Produkt retourniert wird, ist es im Direktvertrieb nicht mal jedes hundertste.  

"Derselbe Kunde, der im Internet einkauft, um Zeit und Geld zu sparen, geht am Wochenende auf eine Verkaufsparty, um Spaß zu haben"

Für viele sind Verkaufspartys auch eine Art Social Event. Statt mit Freunden in einen Club zu gehen, trifft man sich zum “Erlebniskochen” oder zur “Tupperparty” und kocht zusammen, gibt sich Tipps und tauscht sich über die Produkte aus. Dass sich innerhalb solcher Strukturen schnell eine funktionierende Community aufbaut, beweist Vorwerk mit seinem eigenen Rezeptportal www.rezeptwelt.de, auf dem Thermomix-Nutzer Rezepte austauschen können. Auch Prof. Dr. Florian Kraus bestätigt, dass es bei Verkaufspartys längst nicht mehr nur um den Erwerb von Produkten geht: „Derselbe Kunde, der im Internet einkauft, um Zeit und Geld zu sparen, geht am Wochenende auf eine Verkaufsparty, um Spaß zu haben“.

                                                                                                                                    Bild: Pippa & Jean

Laut der Studie im Auftrag des BDD erwarten mehr als 70 % der Unternehmen des Direktvertriebs eine positive Branchenentwicklung. Dem schließt sich Jochen Clausnitzer, Geschäftsführer des BDD, an. Auch er blickt positiv in die Zukunft und sieht für den Direktvertrieb zudem gute Chancen für die Erschließung neuer Märkte, wie beispielsweise Smart Home.


Begeisterung für das Produkt war für über die Hälfte der im Direktvertrieb Beschäftigten der Grund für den Einstieg. Dass sich das am besten verkaufen lässt, wovon der Verkäufer selbst vollends überzeugt ist, bietet gleichermaßen Vorteile für Unternehmen wie auch Direktvertriebler. Frei nach dem Motto “Liebe was du tust und du wirst nie wieder einen Tag arbeiten” finden viele im Direktvertrieb ihre (zumindest berufliche) Erfüllung. Nichts zuletzt deshalb floriert die Branche und hat derart rosige Zukunftsaussichten. Die vielen Vorteile der Arbeit im Direktvertrieb tun ihr Übriges, um Interessierten den Einstieg in den Direktvertrieb besonders schmackhaft zu machen und diesen zu erleichtern.


Sie möchten mehr zum Thema Direktvertrieb erfahren? In dieser Serie sind bisher folgende Artikel erschienen:

  1. Was ist Direktvertrieb? Definition und Beispiele des traditionellen Absatzweges
  2. Network Marketing vs. Schneeballsysteme - Funktionieren Schneeballsysteme auch im Sommer?
  3. Direktvertrieb in Zeiten des Online-Handels - was ist das Erfolgsgeheimnis?



Das Titelbild dieses Beitrags wurde uns freundlicherweise von Tupperware zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

von Karina Leitner über Direktvertrieb und Vertrieb
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