Wie kamt ihr auf den Firmennamen 42he?
Moritz hatte die Domain schon, zählt das? ;-) Das ist aber tatsächlich die Antwort. Im Ernst: Wir waren hier wirklich pragmatisch und wollten einen kurzen & coolen Namen für die Firma. Dass der Firmenname für das Marketing unserer Produkte nie besonders relevant sein würde, war uns damals schon klar. Im Vordergrund stehen unsere unterschiedlichen Produkte.
Moritz hatte die Domain aber natürlich nicht ohne Grund. Ein Serverrack (so ein großer Schrank mit mehreren Servern darin) ist 42he, 42 Höheneinheiten hoch. Das passte gut zu unserer Tech-Firma und dass die Zahl 42 dann auch noch die Antwort auf alle Fragen ist (Per Anhalter durch die Galaxis), machte die Sache rund.
Wie kamt ihr auf die Idee, gerade eine CRM-Software zu entwickeln?
Moritz und ich arbeiteten vor der Gründung in einer studentischen Unternehmensberatung namens OSCAR. Moritz managte die IT, ich war einer der Geschäftsführer. Die größte Herausforderung bei OSCAR war eine enorme Fluktuation, weil viele Kollegen nur wenige Monate blieben. Wer im Vertrieb erfolgreich bleiben will, muss das natürlich irgendwie berücksichtigen und trotzdem auch nach Jahren noch wissen, was der Vor-Vor-Vorgänger damals mit dem Ansprechpartner besprochen hat. Die völlig verbastelte Open Source CRM-Lösung, die wir zu dem Zeitpunkt im Einsatz hatten, gab jedenfalls nur sehr selten die Antwort auf alle Fragen. Davon abgesehen, war sie furchtbar langsam, obwohl sie im Zimmer nebenan “stand”.
So haben wir uns dann mit unterschiedlichen Tools beschäftigt - von der Komplettlösung für die gesamte Firma mit etwas über 40 Mitarbeitern bis hin zu einer Strategie der “Insellösungen”, d.h. einem CRM-System für den Vertrieb, einer HR-Lösung und einer Buchhaltungssoftware.
Dieser Prozess war wirklich schmerzhaft und die “Lösungen”, die wir von diversen namhaften Anbietern präsentiert bekamen, waren keine, sondern völlig überdimensionierte Geld- und Datengräber mit Vertragsbindung. Moritz und ich haben dann Ideen-PingPong gespielt und waren schnell sicher, dass es nicht nur uns so gehen konnte. Nachdem Moritz den ersten Prototypen zusammengehackt hatte, war der Weg vorgezeichnet.
Axel, Moritz und Sven, die Boy-Band vom Kölner Rheinauhafen, 2013
Wie habt ihr die Konkurrenz eingeschätzt?
In 2010 gab es im Wesentlichen Salesforce und aus unserer Sicht in die Jahre gekommene Software, die man als großer Mittelständler bei sich installieren und betreiben musste. Das passte aber in keiner Weise zu kleinen Firmen, wie wir eine waren. Geschweige denn zu Freelancern oder Firmen mit 5-10 Leuten.
Vereinzelt gab es CRM-Startups in den USA, aber keinesfalls vergleichbar mit der Anzahl und dem Spektrum heute.
Hattet ihr finanzielle Unterstützung oder wart Ihr auf der Suche nach Investoren?
Nein, das wollten wir auch von Anfang an nicht. Ich meine wir haben jeder 1.000 Euro mitgebracht für die Gründung unserer UG. Die Hardwarekosten waren zum Start überschaubar und unsere Arbeitszeit gab es ja kostenlos ;-)
Dabei fällt mir wieder ein, dass wir zuvor ausrangierte Server von unserem früheren Arbeitgeber abgekauft haben, für einen schmalen Kurs. So konnten wir von Tag 1 an redundant und auf eigener Hardware arbeiten.
Screenshot von CentralStationCRM in den ersten Jahren
Wie seid ihr an die ersten Kunden gekommen?
Zunächst dachte ich mein Netzwerk wäre sicher ein guter Anfang, denn während wir an CentralStation bauten, habe ich mich mit einigen Leuten ausgetauscht und auch ein paar Interessenten vorgemerkt.
Es hat sich dann aber schnell rausgestellt, dass wir über diese Art Kunden zu gewinnen nicht skalieren würden. Außerdem brauchten wir ja ohnehin einen Proof of Concept für unsere langfristige Akquisestrategie. Wir wollten unser Geschäft von Anfang an so auslegen, dass wir viele kleine Kunden bedienen können und nicht das gängige 80/20-Modell, bei dem wenige große Kunden für den Hauptumsatz sorgen und der Rest nebenher läuft. Das bedeutete also möglichst auf einen klassischen und zeitintensiven Vertrieb zu verzichten und darauf zu setzen, dass wir gefunden werden, von den richtigen Kunden und zum richtigen Zeitpunkt. Also haben wir am Anfang sehr viel Content erstellt, der für unsere Zielgruppe relevant ist. Das waren Artikel rund um den Vertrieb, die Kalt- und Warmakquise und speziell natürlich auch zum Thema CRM.
Hier ist natürlich aller Anfang schwer und es dauert deutlich länger, als wenn wir viel Geld für Werbung ausgegeben hätten. Die Besucher- und Anmeldezahlen nahmen aber konstant zu und wir haben ein gesundes Wachstum für unser damals noch junges Projekt erreicht.
Das klingt alles sehr geplant und “glatt”. Zum Gründen gehört aber doch eigentlich auch, dass gerade zu Beginn einiges schief läuft. Hast Du vielleicht ein Beispiel, wo auch ihr mal Lehrgeld bezahlt habt?
Anfangs sah die Software natürlich deutlich anders aus, als das heute der Fall ist. Wir hatten sicherlich mehr Bugs, waren aber immer sehr schnell bei der Lösung. Manchmal dauerte es nur Minuten und ein Problem war gelöst, was den Kunden imponiert hat.
Ansonsten muss ich dich enttäuschen: Riesige Klopper haben wir uns nicht geleistet. Gut, wir haben zwischendurch noch eine ToDo-Listen- und Projektmanagement-Software gestartet, die wir wieder einstampfen mussten, weil es plötzlich en vogue war, derlei Tools gratis auf den Markt zu werfen. Das war nicht so unser Ding, wir waren immer Fans von Geschäftsmodellen, die auch Umsatz bringen. Glücklicherweise konnten wir große Teile der Arbeit anschließend in unsere CRM-Software übernehmen.
Ach, und wir waren mal so naiv zu glauben, dass etwas, was auf dem deutschen Markt so gut funktioniert, doch auch auf Spanisch klappen müsste. Weit gefehlt, ohne ein dezidiertes Team mit regionaler Erfahrung in Bereichen wie IT, Marketing, PR, etc. wurde das nichts. Mit ein paar Website-Posts und Online-Werbung haut man da niemanden vom Hocker.
Gab es denn Zweifler in eurem Umfeld und wie seid ihr mit denen umgegangen?
Ich weiß, viele Gründer berichten davon, dass das Umfeld übertrieben skeptisch war. So schlimm war es bei uns nicht. Jeder, der potentiell Teil unsere Zielgruppe war, hat das Thema grundsätzlich verstanden.
Das heißt aber nicht, dass alle im privaten Umfeld direkt Feuer und Flamme waren. Das lag aber eher daran, dass wir uns für den “unsicheren” Weg entschieden hatten und nicht den vorgezeichneten Berufsweg gegangen sind.
Meine Eltern waren was die Selbstständigkeit angeht letztlich immer positiv. Etwaige Restzweifel habe ich dann damit beseitigt, dass ich parallel zur Gründung noch einen Master-Studiengang in Teilzeit abgeschlossen habe. Im Nachhinein betrachtet wäre das nicht nötig gewesen, aber geschadet hat es sicher auch nicht.
Wolltet ihr schon mal hinschmeißen? Wenn ja: Warum? Was hat euch davon abgehalten?
Kurze Antwort: Nein, darüber habe ich nie nachgedacht oder nachdenken müssen.
Gab es Prinzipien, die für euch von Anfang an galten und an denen ihr bis heute festhaltet? Gab es andere, die ihr “brechen musstet” oder wo ihr es heute besser wisst?
Wir sind von Anfang an recht besessen gewesen von der Automatisierung möglichst vieler Prozesse. Wir haben daher schon immer Zeit in Dinge investiert, die uns das Leben leichter machen und manuelle Aufgaben unnötig machen. Außerdem haben wir von Anfang an konsequent auf unser Produktgeschäft gesetzt und Dienstleistungsaufträge weit von uns gewiesen. Es gab bei uns noch nie Individualentwicklung oder einen Dienstleistungsanteil und das hat sehr dabei geholfen, dass wir uns ausnahmslos auf unser Produkt konzentrieren konnten.
Andere Prinzipien in der Firma sind unsere Liebe zur Remote-Arbeit und das Vertrauen den Kollegen gegenüber. Wir haben bei uns keine Pflicht ins Büro zu kommen und sind wahrscheinlich das Gegenteil vom Micro Manager. Natürlich hat das auch Nachteile und ist nicht für jeden etwas. Insgesamt fahren wir aber sehr gut mit dem Modell und gerade während der Pandemie hat es uns den Allerwertesten gerettet, denn wir mussten an unserer Arbeitsweise praktisch nichts ändern.
Wie kam es dazu, dass ihr lange vor Corona überwiegend auf Homeoffice gesetzt habt? Wieso habt ihr (im Gegensatz zu Anderen) keine Angst, dass eure Angestellten im Homeoffice nur faulenzen?
In der heutigen Gesellschaft kenne ich kaum einen sogenannten Wissensarbeiter, der jeden Morgen genervt zur Arbeit geht. Eine erfüllende Arbeit ist ein fester Teil für uns als soziale Wesen und so sehe ich keinerlei Grund irgendjemandem per se zu misstrauen. In den 10 Jahren 42he und auch davor wurde ich in dieser Hinsicht noch nie ernsthaft enttäuscht.
Für uns bietet das Homeoffice schon immer die Flexibilität, die so viele Corona-Homeofficer gerade kennen und schätzen lernen. Vorausgesetzt sie haben nicht parallel die Betreuung der Kids und die Arbeit zu bewältigen. Das ist dann natürlich eine andere Herausforderung, der sich die meisten unserer Kollegen auch stellen mussten.
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Was sind deine wichtigsten Learnings aus 10 Jahren Unternehmertum?
Dranbleiben lohnt sich, denn konstante Verbesserung summiert sich über die Jahre. Wir haben wenig Abkürzungen genommen und waren daher wahrscheinlich nie die Allerschnellsten. Ich denke aber für das Unternehmen, was wir bauen wollen, ist das der nachhaltigste Weg.
Ist der Erfolg von CentralStationCRM eher das Ergebnis von Glück, von viel Know How oder von Fleiß?
Glück nimmt einen großen Anteil ein. Alleine dass wir in ein Land mit politischer Stabilität, entsprechendem Ökosystem, Bildung und Co. reingeboren wurden, legt überhaupt erst die Grundlagen. Dass wir die Chance auf eine gute Ausbildung hatten ist ein weiterer Schritt in der Gleichung. Außerdem gibt es für die meisten Ideen nur ein bestimmtes Zeitfenster, in dem sie Sinn ergeben. Vor 10 Jahren kamen viele Sachen zusammen: Das Vertrauen in die Datenhaltung bei einem externen Anbieter wuchs langsam, die technischen Möglichkeiten waren so weit, dass wir auch als 2-Mann-Team eine Alternative zu den ganz großen Lösungen starten konnten.
Heißt das, dass man sich darauf ausruhen kann und sich zurücklehnen kann? Leider nein. Nur indem wir uns intensiv mit dem Thema beschäftigt haben, sind wir überhaupt darauf gekommen, dass kleine Teams eine bessere Lösung für die Verwaltung ihrer Kunden und Kontakte benötigen. Nur wer sich bewegt, der kann auch stolpern. Wir sind in das Feld der Software zur Arbeit mit Kunden reingestolpert.
Was sind die Ziele für die nächsten 10 Jahre? Wohin soll die Reise gehen?
Durch das Wachstum der letzten Jahre haben wir unser Team immer weiter professionalisiert und die Früchte davon können wir langsam ernten. Wir sind an vielen Stellen professioneller und damit nachhaltig schneller geworden. Ich bin selbst gespannt, wie sich unser Baby durch den Input und die Ideen der Kollegen und auch Kunden an die Zeit anpasst.
Wir haben keinen Plan im Sinne eines Wachstumsziels, wir wollen auch niemanden dominieren oder uns an einen Wettbewerber verkaufen, sondern arbeiten schlichtweg weiter daran, die Arbeit mit Kunden und Kontakten so einfach und effizient wie möglich zu gestalten. Und das wollen wir nicht für jeden schaffen, sondern explizit für kleine Firmen mit einer ausgeprägten Dienstleistungsmentalität. Wir planen also nicht die kleinen Kunden zu verlassen und uns an größere Firmen zu richten. Alleine diese Entscheidung beantwortet so viele Produktfragen, die täglich auf unserem digitalen Tisch landen.