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Telefontraining fürs Beschwerdemanagement - was tun mit schwierigen Kunden?

Frau mit Headset regt sich auf.

Lächle! Du kannst sie nicht alle töten.

(Ja, dieser Tipp hat schon einen Bart, aber seine Wirkung ist wissenschaftlich bewiesen! Richtig telefonieren kann manchmal eben auch einfach sein!)

Man kann auch am Telefon hören, ob Du lächelst. Glaubst Du nicht? Probier es aus! Voraussetzung ist aber, dass Du es ernst meinst und auch von innen heraus lächelst! Lächeln an sich reicht also nicht aus – viel wichtiger ist die positive Grundeinstellung dahinter, die Du Dir aneignen solltest. Wie das Deine Kunden beeinflusst, erklärt die britische Neurowissenschaftlerin Jane Warren: Allein das Geräusch eines lachenden Menschen veranlasst unser Gehirn dazu, die Gesichtsmuskeln darauf vorzubereiten, gleich mit einzustimmen und mitzulachen – Lachen (und auch Lächeln) ist also wirklich ansteckend!

Sei freundlich!

Wenig erzürnt einen Kunden mehr als unfreundliches Personal. Das gilt online wie offline, digital wie face-to-face. Versuch auch dann freundlich zu bleiben, wenn Du einen schlechten Tag hast oder Dein Chef Dich angemotzt hat – denn der Anrufer kann nichts dafür. Auch wenn es manchmal schwerfallen mag: Freundlichkeit und eine positive Grundeinstellung zur Arbeit sorgen dafür, dass Dir vieles leichter von der Hand geht – und sie besänftigen meistens auch schwierige Kunden.

Nenn den Kunden beim Namen!

Das stärkt die Bindung, sorgt dafür, dass sich der Kunde ernst genommen fühlt, und nimmt ihm die Sorge, dass sein Anliegen nicht wichtig sein könnte – weil er ohnehin nur einer von vielen Anrufern ist, die Du täglich entgegennimmst. Aber: Übertreib es nicht! Das wirkt schnell künstlich und einstudiert. Ein bis drei Nennungen im laufenden Gespräch reichen völlig.

Vor allem wenn ein Kunde öfter anruft, vermittelt das Ansprechen mit Namen ihm das Gefühl, Du weißt wirklich, wer er ist und was sein Anliegen ist. Natürlich musst Du nicht die Namen und Vorgänge all Deiner Kunden aus dem Stegreif kennen – aber mithilfe eines CRM-Systems ist es für den Support kein Problem, den Vorgang in Sekundenschnelle zu rekonstruieren, während der Kunde sich vorstellt und sein Problem kurz schildert.

Lass den Kunden aussprechen!

Insbesondere in Call-Centern gibt es oft die Vorgabe, dass ein Gespräch nicht länger als z. B. zwei Minuten dauern darf. Meine Erfahrung zeigt: Das funktioniert nicht! Nicht in Call-Centern, in denen ein Anrufer nach dem anderen abgefertigt wird – und erst recht nicht in Unternehmen, die echten Kundenservice bieten wollen.

Natürlich musst Du Dir nicht den zehnminütigen Redeschwall von Oma Ilse über das Wetter, Dackel Udo und den Kegelclub anhören – aber lass sie kurz loswerden, was sie sagen will, und unterbrich sie dann freundlich, um zum eigentlichen Grund des Anrufs zu kommen. Genau so solltest Du auch bei verärgerten Kunden vorgehen. Diese nutzen den Gesprächsbeginn, um ihrem Ärger Luft zu machen. Gib ihnen die Gelegenheit dazu – solange es im Rahmen bleibt – und mach Dir am besten gleich Notizen zum Sachverhalt. Denn auch wenn die ersten Minuten oft emotional aufgeladen sind, schildert der Kunde dabei bereits sein Problem. Nichts ist für Kund:innen nerviger, als unterbrochen zu werden – vor allem dann, wenn sie gerade auf eine Frage antworten wollten, die Du stellst.

Bleib ruhig!

Gerade bei Beschwerden sind viele Kund:innen bereits zu Beginn des Gesprächs wütend. Du bleibst am besten ruhig und gelassen – nimm das Anliegen aber ernst. Lass Dich nicht verrückt machen, das hilft niemandem. In solchen Situationen kommst Du oft mit Sachlichkeit nicht weiter. Dann ist es ratsam, erst einmal eine verständnisvolle, emotionale Gesprächsebene herzustellen. Achte aber darauf, dass das Gespräch trotzdem zielführend bleibt – und dass Du Dich nicht von der negativen Stimmung anstecken lässt.

Nimm Kundenbeschwerden ernst!

Ja, es gibt sie – die notorischen Nörgler. Aber es gibt auch viele, die sich völlig zurecht beschweren. Diese Beschwerden solltest Du unbedingt ernst nehmen und Fehler auch offen zugeben. Zeige Verständnis – zum Beispiel so: „Da wäre ich an Deiner Stelle auch verärgert.“ Damit signalisierst Du Nähe und baust Vertrauen auf. Denn: Verärgerte Kunden erwarten meist nicht, dass man ihnen recht gibt. Mach deutlich, dass Du Dich persönlich um die Lösung kümmerst – und zeig konkrete Wege zur Behebung auf.

Vermeide unbedingt Floskeln wie „Ich gebe das weiter“. Zu oft haben wir als Kunde die Erfahrung gemacht, dass genau das eben nicht passiert.

Nimm es nicht persönlich!

Gerade im Beschwerdemanagement drücken Kunden häufig Wut und Ärger aus. Du musst Dir dabei bewusst sein: Es geht nicht um Dich als Person (außer Du verstößt gegen Punkt 2). Du bist das Sprachrohr zum Unternehmen – und damit die Projektionsfläche. Nimm es nicht persönlich, schon gar nicht mit nach Hause. Der Anrufer kennt Dich nicht – und meint auch nicht Dich.

Lass Dich nicht anschreien!

Der Umgang mit wütenden Kunden gehört leider zum Alltag. Wenn Du es mit den vorangegangenen Tipps nicht schaffst, den Anrufer zu besänftigen, oder wenn er beleidigend wird und Dich anschreit – dann musst Du das nicht hinnehmen. Weisen ihn höflich, aber bestimmt auf seinen Ton hin und setz Grenzen. Noch wirkungsvoller: Stell Dich hin. Das öffnet den Brustkorb, Deine Stimme wird automatisch kräftiger. Wenn sich der Anrufer trotzdem nicht beruhigt, sag ihm Folgendes:
„Frau/Herr Müller, im Moment sehe ich keine Möglichkeit für eine konstruktive Zusammenarbeit, um eine angemessene Lösung für Ihr Problem zu finden. Ich schlage vor, Du beruhigst Dich erst einmal und rufst später noch einmal an. Auf Wiederhören.“

Hol Dir Hilfe!

Wenn Du nicht weiterweißt oder ein Problem Deine Kompetenz übersteigt, steh dazu – und frag Kolleg:innen. Der Kunde merkt sofort, wenn Du überfordert bist – und niemand möchte Zeit mit jemandem verschwenden, der erkennbar nicht helfen kann.

Sag außerdem niemals: „Dafür bin ich nicht zuständig“, ohne den Anrufer direkt an den zuständigen Kollegen weiterzuvermitteln.

Stell Dich als Ansprechpartner:in zur Verfügung

Ein Problem – vor allem bei größeren Unternehmen – ist: Der Kunde hat jedes Mal eine neue Kontaktperson. Diese ist meist nicht richtig im Vorgang drin – und muss sich erst einlesen. Auch wenn das mit einem Ticketsystem schnell geht, kostet es Zeit und Nerven – auf beiden Seiten. Daher: Wenn sich abzeichnet, dass das Problem mehrere Kontakte erfordert, gib dem Kunden Deine Kontaktdaten. Sag ihm, dass er sich bis zur Lösung direkt an Dich wenden kann. So stärkst Du die Kundenbindung, zeigst echtes Engagement und stellst sicher, dass er eine kompetente Ansprechperson hat.

Beende das Gespräch positiv!

Wie bei Präsentationen gilt auch am Telefon: Der Schluss bleibt hängen. Nutze ihn, um dafür zu sorgen, dass der Anrufer mit einem guten Gefühl auflegt – selbst wenn Du ihm noch keine endgültige Lösung bieten konntest. Frag, ob noch Fragen offen sind, bedank Dich für seine Geduld und wünsch ihm einen angenehmen Tag.

Falls das Problem nicht gleich gelöst werden konnte: Drück Dein Bedauern aus – und erklär noch einmal kurz, wie es weitergeht.

Stell sicher, dass das Problem gelöst wurde!

Wenn Deine Zeit es zulässt, lohnt es sich, Kunden im Nachgang nochmals zu kontaktieren – gerade wenn das Anliegen beim ersten Anruf noch offen war. So zeigst Du, dass Dir die Zufriedenheit der Kund:innen wichtig ist – und dass Beschwerden im Unternehmen ernst genommen werden.

Und noch ein Vorteil: Wenn Du häufiger mit demselben Kunden zu tun hast, wird das nächste Gespräch deutlich entspannter – weil er weiß, dass er bei Dir in guten Händen ist.

Ja, manche Kunden sind einfach anstrengend – und manchmal will man das Land verlassen, wenn ihre Nummer auf dem Display erscheint. Aber sieh es mal so: Nothing grows within your comfort zone! Der Umgang mit schwierigen Kunden – ob im Vertrieb oder Service – kann Dich persönlich wie beruflich weiterbringen. Du wächst an Deinen Herausforderungen. Und die Kompetenzen, die Du Dir im Kundenkontakt aneignest, helfen Dir auch außerhalb des Jobs weiter.

Und fürs Unternehmen gilt: Wer sich meldet, nutzt das Produkt – und gibt wertvolles Feedback. Wenn das keine bloße Nörgelei war, dann nutz diese Hinweise und prüf, ob und wie Du Dein Produkt verbessern kannst.


Autorin
Karina Leitner