Die Einführung von KI im Kundenservice kann gehörige Vorteile bringen. Gerade für kleine Unternehmen zeigen sich aber auch Schwächen auf.
Wir erörtern die Frage, ob sie als kleines Team wirklich auf eine KI-Inbox zur Beantwortung von Kundenanfragen zurückgreifen sollten.
Dabei betrachten wir zunächst zwei Beispiele, bevor wir auf die Vor- und Nachteile, sowie die Potenziale von Künstlicher Intelligenz im Kundenservice eingehen.
Es gibt unzählige Chatbots und KI-Lösungen im Kundenservice. Interessant war, dass Komplettpakete wie unsere Beispiele Userlike und Intercom beinahe alle auf den bekannten Modellen künstlicher Intelligenz basieren.
Userlike bietet eine DSGVO-konforme Multichannel-Inbox für den Kundenservice. Dabei legt das Unternehmen Wert darauf, verschiedene Kanäle in einer smarten Inbox zu bündeln. Diese ist sowohl an den klassischen Website-Chatbot, als auch verschiedene Social-Media-Messenger sowie E-Mail angebunden.
Genau wie CentralStationCRM besticht Userlike mit einfacher Implementierung und einem deutschen Datenschutz-Standard. Gut gefallen hat uns die reibungslose Integration der menschlichen Mitarbeiter in das Kundenservice-System: Sogenannte „Operatoren-Skills“ leiten eine Anfrage bei Bedarf an richtig getaggte Spezialisten weiter.
Userlike wird durch CentralStationCRM an der richtigen Stelle erweitert: Sowohl aus der Inbox als auch direkt aus dem Chat heraus können Kontakte mit zugehörigen Nachrichtenverläufen erzeugt werden. Diese Kontakte werden dann im CRM abgelegt.
Damit ergänzen sich die kommunikativen Möglichkeiten von Userlike perfekt mit den administrativen Stärken unseres CRMs. (Mehr erfahren)
Modell: GPT 4
Pricing: ab 90 € (Free Version vorhanden)
Intercom bietet eine KI-First-Plattform im Kundendienst an. Eine KI namens Fin berät sowohl Kunden auf der Website bei ihren Fragen, als auch Mitarbeiter im Helpdesk bei ihren Antworten.
Die Quellen, aufgrund derer die KI trainiert, werden zu Beginn festgelegt und ins System importiert. Fin antwortet dann in Bezug auf diese Quellen, etwa ein Verzeichnis mit bereits gelösten Nutzerfragen oder eine öffentlich zugängliche Hilfsdomain.
Modell: Claude
Pricing: ab 39 $ (ohne Free Version)
Hier nur der Vollständigkeit halber aufgeführt, ist diese Option für KMU meistens nicht sinnvoll. Es muss (Stand heute) einfach zu viel Zeit in Entwicklung und Hardware gesteckt werden, um eine leistungsfähige Lösung in Eigenregie auf die Beine zu stellen.
Der Vorteil ist natürlich, dass Sie Herausforderungen wie Datenschutz und DSGVO-Verträglichkeit mit einer eigenen Lösung viel besser begegnen können. Für große Konzerne ist das - gerade bei den zu erwartenden Einsparungen im Kundenservice - deswegen sehr wohl etwas, was man bedenken sollte.
Die Vorteile durch eine Implementierung von KI im Kundenservice sind nicht von der Hand zu weisen. Chatbots und KI im Kundenservice können richtig eingesetzt eine Menge Zeit und Geld sparen. Allerdings ist hier unserer Meinung nach die Größe des Unternehmens ein wichtiger Faktor.
Der offensichtliche Vorteil zuerst: Chatbots im Kundenservice sparen Zeit. In einem Werbevideo wirbt Interkom mit einem Bild, auf dem die Fin AI vier bis fünf Kundenservice-Tickets gleichzeitig bearbeitet. Damit arbeitet die Software effektiv so viel wie ein kleines Team.
Diese Zeitersparnis ist enorm und kann, richtig eingesetzt, einen großen Hebel für Teams im Kundenservice darstellen.
Dieser Vorteil ist schon schwieriger zu beziffern, auch wenn er auf den ersten Blick offensichtlich erscheint. Immerhin fallen die Kosten einer Software gegenüber einem Mitarbeiter doch sicherlich weniger ins Gewicht?
Nun ja … es kommt darauf an. Unserer Ansicht nach kann wirklich Geld nur bei Skalierung der Anwendung, also in großen Unternehmen, gespart werden. In einem kleinen oder mittleren Unternehmen arbeiten oft gar nicht genügend Leute im Kundenservice, als dass mögliche Einsparungen spürbar ins Gewicht fallen würden.
Der dritte Vorteil ist eigentlich der überzeugendste - Künstliche Intelligenz kann und sollte den Mitarbeitern eines Unternehmens die Arbeit abnehmen, die keiner machen will. Effizienz steigern und Herausforderungen reduzieren - das hilft im Kundenservice genauso wie im Marketing.
Beim Beantworten von Kundenanfragen springen KI-Systeme im Idealfall da ein, wo der Kundenservice-Mitarbeiter die Stirn runzelt: bei den Kunden, die es eigentlich besser wissen müssten. Die immer wieder Fragen stellen, die man auch bequem im FAQ nachlesen kann. Die sich zum fünften Mal in Folge über etwas beschweren, was auch schon beim ersten Mal nicht gelöst werden konnte.
Ja, solche Kunden gibt es - und sie sind völlig im Recht, immerhin ist der Kunde meistens König. Jedoch würde gerade für solche Anfragen eine freundliche, gut trainierte KI in den meisten Fällen ausreichen.
Menschliche Mitarbeiter könnten sich dann anderen, schwierigeren Fällen zuwenden. Prozesse, für die vielleicht Research oder eine Rückfrage in einer anderen Abteilung vonnöten wäre, für die aber im Normalbetrieb zu wenig Zeit ist. So eingesetzt, kann KI ein hilfreiches, sinnvolles Tool auch für den Kundenservice sein.
Gerade für kleine Teams überwiegen oft die Nachteile von KI-Systemen im Kundenservice. Selbst wenn das Fachwissen zur Implementierung und Datenschutz vorhanden ist, und man die Risiken für die Übernahme eines Tools korrekt einschätzen kann, sollte man trotzdem genau überlegen, ob sich ein Chatbot lohnt.
KI im Support kann (ein menschliches, nicht überlastetes Arbeitsumfeld vorausgesetzt) immer nur eine „good enough“-Lösung sein und wird nicht an die Servicequalität eines menschlichen Mitarbeiters herankommen.
Sicherlich wird sich der Stand der Technik noch weiterentwickeln - aktuell ist diese Aussage jedenfalls korrekt. Die KI zeigt je nach Implementierung schneller Grenzen auf als ein Mensch und kann für ihre Antworten „nur“ auf die antrainierten Datenbanken zurückgreifen.
Natürlich gibt es Anwendungsfälle, wo dieser Mangel an Qualität zu verschmerzen ist. Es ist nur eben wichtig, als Verantwortlicher nicht die Augen davor zu verschließen.
Egal, wie fachlich kompetent und zielführend eine KI antwortet - die Beziehung zu den Kunden wird weniger persönlich werden.
Natürlich haben Sie die Übersicht über alle Gesprächsprotokolle und können sich auch den Kunden er-googlen, um das Gespräch nachzuvollziehen. In der Praxis wird das aber auch nur vorkommen, wenn etwas schiefgelaufen ist und nicht, um die Kundenbindung zu verbessern. Das bedeutet, der direkte Kundenkontakt nimmt ab, weil sie den Menschen maximal über seine Chatprotokolle mit dem Bot kennen, statt das direkte Gespräch zu suchen.
Auf der Kundenseite werden die Leute, die ein Problem mit dem Chatbot haben, Ihnen das in den wenigsten Fällen mitteilen. Wenn eine Maschine bei Standard-Anfragen nicht funktioniert, werden sie eher aufgeben, als noch eine Mail zu schreiben.
Mit einer KI im Kundenservice verlieren Sie also im schlimmsten Fall Kundenanliegen, weil Gespräche einfach abgebrochen werden. Das nachzuhalten und vielleicht sogar nachzufassen, kostet auch wieder Mehrarbeit.
KI hat jetzt noch Hype-Status. Alle Produkte brauchen KI, KI wird die Arbeitswelt verändern, wer KI noch nicht hat, sollte sich KI besorgen … bestimmt haben Sie das in den letzten Jahren zur Genüge vernommen. Und bis zu einem gewissen Grad stimmt das ja auch - viele Arbeitsbereiche und Prozesse werden sich durch KI gehörig verändern oder wurden bereits kräftig transformiert.
Aber wie das bei jedem Hype so ist: Er hat auch eine Kehrseite. Diese wird nur in wenigen Bereichen so spürbar sein wie im Kundenservice. Der direkte Kundenkontakt ist - außer im Vertrieb - in keinem anderen Bereich so wichtig.
Überlegen wir mal: Was sagt das einem Kunden, wenn ich menschliche Mitarbeiter durch Künstliche Intelligenz ersetze? Doch in erster Linie, dass ich einen der oben genannten Vorteile suche: Ich möchte entweder Zeit sparen, Geld sparen oder meine Mitarbeiter zu anderen, vermeintlich wichtigeren Anfragen schicken.
Sobald in Zukunft ein Kunde mit einer KI zu tun hat, weiß er: Diese Kundenanfrage ist dem Unternehmen nicht wichtig genug für einen Menschen. Wenn das zu oft passiert, kann die Qualität der KI-Antworten noch so gut sein - die Kunden werden sich weniger wertgeschätzt fühlen und im schlimmsten Fall zur Konkurrenz gehen.
Auch dieser Nachteil gilt eher für kleine Unternehmen. In einem großen Konzern habe ich zumindest theoretisch genügend Budgets und Prozesse, um gegenzusteuern und meine Kunden durch andere Vorzüge von meiner Marke zu überzeugen. Je kleiner ich aber werde, desto mehr fällt eine menschliche und qualitativ hochwertige Servicequalität ins Gewicht.
Für uns zählt: Kundenservice ist persönlich. Wir beschäftigen Mitarbeiter mit langjähriger Erfahrung in verschiedenen Unternehmensbereichen, die für einen erstklassigen, spürbar schnellen Kundenservice sorgen. Das führt zu einer hohen Kundenzufriedenheit, die für unsere Softwareprodukte, unser Team und unsere Firma wichtig ist.
Für uns zählt außerdem: Die meisten Menschen wollen am liebsten weiterhin mit anderen Menschen reden. Vor allem, wenn es um ein Anliegen, eine Frage oder eine Beschwerde geht. Auch wenn es vielleicht auf dem Papier praktischer wäre, Anfragen durch eine Maschine zu lösen, geht es im Kundenservice viel um das Gefühl, das der Kunde bei seinem Anliegen bekommt.
In großen Unternehmen und Konzernen wird sich die Rolle des Kundenserviceagenten trotzdem ändern. Dort ist die persönliche Bindung zum Kunden aufgrund der hohen Zahl von Anfragen sowieso nicht machbar. Die Unternehmen verlieren also weniger, wenn sie den First-Level zumindest teilweise von einer KI umsetzen lassen.
Bleibt zu hoffen, dass die Chefetagen besagter Unternehmen das Potenzial der frei gewordenen Arbeitskraft ihrer Mitarbeiter erkennen (zum Beispiel für eine Customer Success-Strategie).
Das Team hinter der Kundenservice-Inbox HelpSpace hat eine Umfrage durchgeführt, deren Ergebnisse uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurden. Dabei wurden die HelpSpace-KundInnen nach ihrem generellen Interesse zu KI-Features im Kundenservice befragt.
57,1% der Befragten bewerteten die Integration von KI-Funktionen in HelpSpace als sehr interessant, 28,6% als interessant.
Zu den für die NutzerInnen interessantesten KI-Funktionen zählten die sprachliche Optimierung von ausgehenden Nachrichten (71,4%), sowie die automatische Kategorisierung und Priorisierung von Tickets (50%). Die Option, Chatbots für sofortige Kundenunterstützung einzusetzen, fanden indes nur 28,6% der befragten HelpSpace-KundInnen interessant.
Das Ziel der HelpSpace-Nutzer bei einer eventuellen Einführung von KI wäre mit 42,9% eine höhere Kundenzufriedenheit, gefolgt von der Reduktion der Arbeitsbelastung im Support-Team mit 28,6%. Die (von uns ja weiter oben befürchtete) Kosteneinsparung durch Automatisierung hingegen wurde nur von 7,1% als erstrebenswert angesehen.
Die größten Bedenken zeigten die Nutzer bei Datenschutz und Sicherheit (64,3%), bei Qualität und Verlässlichkeit der KI (64,3%), sowie vor dem Kontrollverlust bei automatischen Entscheidungen (42,9%).
Künstliche Intelligenz im Kundenservice ist kein Selbstläufer. Größe des Unternehmens und Wettbewerbsumfeld müssen berücksichtigt werden. Wie wichtig ist der direkte Kundenkontakt? Kann der Verlust der Servicequalität hingenommen oder durch andere Prozesse ausgeglichen werden?
Wir haben für uns entschieden - Kundenservice ist ein People Business. Eine KI kann uns möglicherweise bei internen Vorgängen im Helpdesk helfen, aber der Kundenkontakt ist für uns zu wichtig, als dass wir ihn an einen Computer abgeben werden.