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Vorsicht vor zu viel Einfluss von Großkunden auf Entscheidungen in KMU

Reduzierte Arbeit durch die Betreuung einiger weniger Kunden - auch für viele kleine Firmen klingt das verlockend, doch wie steht es mit der Abhängigkeit von dem einen oder den wenigen großen Kunden?

Veränderter Einfluss und höhere Erwartungshaltung von Großkunden

Je größer und wichtiger ein Kunde für ein Unternehmen ist, desto größer ist auch sein Einfluss auf die Entscheidungen im Unternehmen. Ganz gleich ob man Hersteller oder Dienstleister ist - wenn es bei den eigenen Kunden eine starke Konzentration gibt (wenige Kunden generieren große Teile der Erlöse), dann nimmt der Kunde das Ruder deutlich stärker in die Hand, als das bei einem kleinen Kunden je möglich wäre. Großkunden haben per se eine Sonderstellung - leider meist nicht nur beim Umsatz.

Bei Dienstleistungsunternehmen zeigt sich diese besondere Stellung in Form von niedrigeren Preisen, längeren Zahlungszielen oder mehr Termindruck. Es ist der Großkunde - wen interessiert, ob das Wochenende vor der Tür steht? Der Kunde zahlt später als abgesprochen? Naja, drücken wir ein Auge zu.
In einem schleichenden Prozess wächst die Rolle und der Einfluss des Großkunden so immer weiter und weiter. Das muss nicht einmal böse Absicht seitens des Kunden sein. Und auch im eigenen Unternehmen ist es meist keine strategische Entscheidung, dass der Kunde ab sofort eine Sonderbehandlung verdient. Es passiert einfach, weil jedem klar ist: wir können oder wollen uns nicht leisten den Kunden zu verlieren.

Im Gegensatz zu Dienstleistern, die ihre Arbeit individuell für einzelne Kunden verrichten, sind die Auswirkungen bei Produzenten oder Dienstleistern von Standard Produkten viel weitreichender. In erster Linie geht es mir um Entscheidungen in der Produktentwicklung, die durch den einen Großkunden beeinflusst oder sogar initiiert werden. Wenn wir als CRM Software Hersteller zum Beispiel einen Kunden hätten, der deutlich größer ist als die verbleibenden Kunden und dieser einen großen Anteil an unserem monatlichen Erlös ausmachen würde, dann hätten wir einen ziemlichen Zielkonflikt.
Der Großkunde hat ziemlich sicher andere Anforderungen, als unsere normalen Kunden. Vielleicht benötigt er einige zusätzliche Funktionen, für die er sogar noch mehr Geld bezahlen würde. Aus Ergebnissicht wäre es also erst einmal naheliegend Ja und Amen zu jeder Anforderung des Großkunden zu sagen. Mittel- oder langfristig wäre dies aber ziemlich sicher der Genickbruch, denn der Großkunde fällt gar nicht in unsere Zielgruppe und während wir es ihm recht machen, verschlechtern wir das Produkt für unsere eigentlichen Kunden - die kleinen Unternehmen.

Gerade wenn der Großkunde also nicht in die Kernzielgruppe fällt und die Leistung für ihn Auswirkungen auf alle anderen Kunden hat, dann sollte man sich der Auswirkung dieser Kundenkonzentration sehr bewusst sein.

Konzerne als Großkunden und ihr Risiko für kleine Unternehmen

Nur kurz zur Unterscheidung: der Großkunde muss nicht zwangsläufig ein großes Unternehmen sein, es ist der Kunde für den man den Großteil seiner Arbeit macht. Wenn der eigene Großkunde aber auch noch ein sehr großes Unternehmen ist, dann wird die Beziehung meist noch schwieriger für das kleine Unternehmen als Dienstleister oder Lieferant.

Einkaufs- oder neudeutsch “Sourcing” Entscheidungen werden bei großen Unternehmen nur allzu häufig auf Basis unvollständiger Informationen gefällt. Nicht selten wird dabei wenig gesprochen und die frühere Zusammenarbeit rückt in den Hintergrund. Vielleicht gab es einen Wechsel im Management, vielleicht gibt es eine Umstrukturierung, ein Outsourcing kompletter Bereiche oder oder oder... Das macht es für den Dienstleister oder Zulieferer schwer kalkulierbar und zu einem Risiko, wenn man auf den Konzern als sein Großkunde angewiesen ist.

Ich rate daher dazu die Zusammensetzung der eigenen Kunden regelmäßig zu hinterfragen, um als kleines Unternehmen in keine allzu großen Abhängigkeiten zu kommen. Man kann und will es sich vielleicht nicht leisten auf den Großkunden zu verzichten, aber in jedem Fall kann man dann versuchen durch die Akquise anderer Kunden dagegen zu steuern und im schlimmsten Fall nicht alles auf eine Karte gesetzt zu haben.


Axel von Leitner
Autor
Axel von Leitner