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Vertrieb: Sinn und Unsinn von Umsatz Forecasting

Die meisten CRM (Customer Relationship Management) Systeme bereiten Ihre Angebote automatisch so auf, dass Sie diesen Überblick bekommen. Wie das funktioniert? Sie pflegen alle Ihre offenen Angebote mit erwartetem Umsatz, Zieldatum und Wahrscheinlichkeit innerhalb der CRM Software auf. Die Software gruppiert jetzt zum Beispiel alle Angebote der kommenden sechs Monate nach ihrem Zieldatum.


Das wären jetzt alle Angebote, die Sie - theoretisch - gewinnen könnten. So einfach ist es aber natürlich nicht, denn leider sagt ja selten jeder Kunden zu. Allein wie vielen Leuten Sie ein Angebot geschickt haben, sagt also relativ wenig aus. Je nachdem, wie Sie es mit dem Versenden von Angeboten halten, werden davon mehr oder weniger zum tatsächlichen Auftrag führen (Letzter Beitrag: Vorschnelles Angebot). Um den Forecast genauer zu kalkulieren nehmen wir noch die Wahrscheinlichkeiten der Angebote dazu, die Sie nach bestem Wissen hinterlegt haben.
 

Erwartungswert = Wahrscheinlichkeit Angebot A * Summe Angebot A + Wahrscheinlichkeit Angebot B * Summe Angebot B

Indem Sie Ihre Angebote gewichten, bekommen Sie also schon ein besseres Gefühl über die Umsätze, die Sie erwarten können. Am Ende bleibt das Forecasting jedoch eine grobe Hausnummer und keine exakte Wissenschaft. Und so sollte man damit auch umgehen. Indem Sie die Parameter der Auftragssumme und die Wahrscheinlichkeit je Angebot möglichst realitätsnah einschätzen, bekommen Sie in der Hochrechnung den bestmöglichen Forecast für Ihren Umsatz.

Häufige Fehlerquellen beim Forecast

Ganz gleich, ob Sie Ihren Forecast von Hand in Excel erstellen oder ob Ihre CRM Software die Daten schon zusammenfasst - es gibt einige Fehlerquellen, die die Verlässlichkeit des Forecasts stark einschränken - hier listen wir Ihnen die aus unserer Erfahrung häufigsten drei Fehlerquellen auf:

Fehlende Datenbasis: Ein Forecast aus zwei Angeboten ist keiner

Zur Berechnung einer validen Vorschau benötigen sie eine ausreichende Datenbasis, denn sonst schleichen sich zwangsläufig Fehler ein. Ein Beispiel: Sie versenden 100 Anschreiben, generieren daraus 20 Termine und aus 2 dieser Termine wird tatsächlich ein Auftrag. Das entspricht zwar rechnerisch einer Verwandlungsquote von 2 Prozent, sagt aber keinesfalls, dass Sie 4 Aufträge bekommen, wenn Sie 200 zusätzliche Anschreiben versenden. Das Ergebnis ist von so vielen Faktoren abhängig (Qualität der Anschreiben, veränderter Bedarf, Laune des Kunden), dass immer noch 2 gewonnene Angebote genau so wahrscheinlich sind wie 6. Das stellt die Ergebnisse Ihrer Kalkulation vollkommen auf den Kopf und führt damit die Relevanz Ihres Forecasts quasi ad absurdum.

Falsche Schätzung der Wahrscheinlichkeit

Wenn man in seiner CRM Software jetzt die einzelnen Prozentschritte einstellen kann, bringt das alleine noch nichts. 40 oder 60 Prozent Wahrscheinlichkeit? 20 oder doch 30 Prozent? Für den Verkäufer zählt am Ende ohnehin nur 0 oder 100 Prozent. Verlieren oder Gewinnen, alles dazwischen ist eine bloße Schätzung. Die mag mit der Erfahrung des Vertrieblers besser werden, trotzdem bleibt es zu weiten Teilen nur ein Gefühl. Daher gilt ganz klar: keep it simple. Nicht unnötig Zeit an eine möglichst hohe Scheingenauigkeit verschwenden. Die Verlässlichkeit des Forecast Wertes steigt dann mit einer größeren Datenbasis.

Fehlender Zusammenhang aus Ursache und Wirkung

Wenn Korrelationen gleichbedeutend wie Ursachen behandelt werden, ist ein Forecast schnell unbrauchbar. Angenommen Sie haben wieder Ihre Preise gesenkt und erneut 100 Angebote versendet, aber diesmal 30 Termine generiert und 3 verwandelt. Das entspräche einer 50 Prozent besseren Verwandlungsquote. Alles aufgrund Ihrer neuen Preispolitik? Nein, nicht zwangsläufig. Der Zeitpunkt war vielleicht gerade günstig, weil Sie Ihre Angebote zu einem Zeitpunkt verschickt haben, als bei vielen Unternehmen noch Budgets zu verteilen waren. Der Preis spielte möglicherweise überhaupt keine Rolle. Im Ergebnis setzen Sie aber weiterhin auf niedrigere Preise, als Sie eigentlich verlangen könnten.

Fazit

Ich hoffe, der Artikel hilft Ihnen zum Verständnis von Forecasting. Nutzen Sie dieses Vertriebsinstrument zur Steuerung und Planung in Ihrem Unternehmen. Machen Sie sich aber auch bewusst, dass das Forecasting gerade in kleinen Unternehmen mit keiner allzu großen Datenbasis eben ein Gefühl oder eine grobe Richtung bleibt. Und so sollte man damit auch umgehen.

Insbesondere für die meisten KMU ist ein zu starker Fokus auf detailliertes Forecasting meiner Meinung nach völlig überzogen und ein reiner Zeitfresser. Wir haben uns in CentralStationCRM daher für ein möglichst einfaches Forecasting Modell entschieden. Neben gewonnen und verloren gibt es 25, 50 oder 75 Prozent Wahrscheinlichkeit. Diese kann man nutzen, muss es aber natürlich nicht.

Dieser Artikel ist Teil unserer Serie zu den Grundlagen im Vertrieb. Vielleicht interessieren Sie auch die anderen Artikel der Serie? Die optimale Basis für alle weiteren Teile bietet Ihnen dabei übrigens der Artikel Vertrieb in seinen Grundlagen.

Teil 1: Die Arten von Vertrieb - welche Optionen habe ich überhaupt?

Teil 2: Vorbereitung Ihres Vertriebs: wen soll ich ansprechen? Über die Zielgruppe, Positionierung und mehr

Teil 3: Kontaktdaten für Ihren Vertrieb - woher nehmen und wie qualifizieren?

Teil 4: Warm und kalt im Vertrieb - worin liegt der Unterschied?

Teil 5: So haken Sie richtig nach und bleiben dran

Teil 6: Das Verkaufsgespräch im Vertrieb - so überzeugen Sie Ihren Kunden

Teil 7: So bereiten Sie ein Angebot vor und gewinnen es

Teil 8: Empfehlungsmarketing: Wie Sie Neukunden über Bestandskunden gewinnen

Teil 9: Warmakquise im Vertrieb: was gibt es zu beachten und zu verbessern?

Teil 10: Marketing und Vertrieb: Fragen und Ängste seiner Kunden erkennen

Teil 11: Häufiger Fehler im Vertrieb: das vorschnelle Angebot

Teil 12: Vertrieb: Sinn und Unsinn von Umsatz Forecasting

Teil 13: Fehler bei der Kundenakquise: was Sie am Telefon nicht sagen sollten


Axel von Leitner
Autor
Axel von Leitner