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Empfehlungsmarketing à la BNI: Ein Erfahrungsbericht

Das BNI versteht sich als Unternehmernetzwerk und hat weltweit mehr als 6.500 lokale Gruppen, mit je bis zu 45 Mitgliedern. Je Gruppe gibt es nur ein Mitglied pro Berufssparte, das heißt nur einen Architekten, nur einen Finanzberater, nur einen Schreiner, etc. In der von mir besuchten Gruppe Balthasar in Köln waren die Berufsgruppen in der Tat recht gemischt, allerdings mit einem starken Fokus auf das Handwerk. Vertreten war eine Vielfalt an Gewerken wie Schreiner, Fliesenleger, Trockenbauer, Elektriker, KFZ-Mechaniker und mehr. Zwar nutzen auch Handwerker unsere CRM-Software, dennoch bin ich mir nach meiner BNI-Erfahrung nicht sicher, ob dieser Vertriebsweg der richtige für uns ist. Doch zunächst zum Ablauf des morgendlichen Treffens.

Die Teilnehmer einer BNI-Gruppe treffen sich einmal wöchentlich zum Frühstück. Im Gegensatz zu vielen anderen Veranstaltungsreihen geht es dabei aber nicht um ein geselliges und unverbindliches Kennenlernen oder Netzwerken. Beim BNI überlässt man das Geschäft nicht dem Zufall. Dadurch unterscheidet sich das BNI definitiv.

Was auf den ersten Blick sektenähnliche Züge haben mag (bei der Begrüßung wurde dieses Vorurteil direkt selbstironisch genannt), hat sich mir als sehr strukturierte Veranstaltung mit dem Ziel des Empfehlungsmarketings präsentiert. Inwiefern strukturiert?

  • Die Veranstaltung beginnt um 6.45 früh, alle sind pünktlich.
  • Es gibt eine feste, immer gleiche Tagesordnung (Essen holen, 60-Sekunden Präsentation jedes einzelnen Mitgliedes, 10-Minuten Präsentation eines Mitgliedes, öffentliche Verkündung der Empfehlungen & per Empfehlungen generierten Umsätze der vergangenen Woche)
  • Die Empfehlungen werden notiert und sind somit 100% verbindlich

Jedes Mitglied stellt sich jede Woche erneut vor und nennt dabei die Themen, an denen es gerade besonders interessiert ist. Ebenso die Empfehlungen, über die er sich freuen würde. Ich unterstelle jetzt einfach mal, dass viele der Mitglieder nicht jede Woche etwas neues erzählen (können) und insofern würden sich bei mir vermutlich schnell Ermüdungserscheinungen einstellen. Der KFZ-Mechaniker sucht voraussichtlich auch in einem Jahr noch Kunden für seine Werkstatt und bis auf saisonale Besonderheiten wie den Lichttest im Herbst hat er nicht viel Neues zu berichten. Im Grunde geht es bei den 60-Sekunden Vorstellungen auch nur darum, den anderen Mitgliedern einzuimpfen, dass es in der Gruppe jemanden gibt, der Autos repariert. Und wartet.
 

BNI-Empfehlungen-dokumentationJede Empfehlung von BNI-Mitgliedern wird dokumentiert

Empfehlungen auf Wochenbasis

Besonders überrascht hat mich die Verbindlichkeit, mit der die Empfehlungen von jedem einzelnen eingefordert werden. Nach einem 10-minütigen Vortrag von einem der Mitglieder (z.B. eine detaillierte Vorstellung von Person & Firma) geht es reihum und jedes Mitglied nennt die Empfehlungen, die er in der vergangenen Woche ausgesprochen hat. Außerdem bedankt man sich für den Umsatz, den man auf Basis einer Empfehlung generieren konnte: "Danke für 650 Euro Umsatz an Peter Schmitz". Doch damit nicht genug - jede Empfehlung und jeder Umsatz wird dokumentiert. Ein Durchschrieb des Vordrucks von oben geht an den Empfohlenen und einer geht an die Leitung des Chapters (so nennt sich eine lokale BNI Gruppe). So kann jede Gruppe auf Wochenbasis berichten, wie viel zusätzlicher Umsatz durch das Engagement der Gruppe generiert wurde.

Ganz grundsätzlich kann ich mir vorstellen, dass das Konzept BNI funktioniert und einige der Mitglieder dadurch wirklich neue Aufträge generieren. Gerade die Handwerker können in der Gruppe vieles zusammen machen. Sie empfehlen sich gegenseitig und bieten ihren Kunden damit eine integrierte Lösung. Derartige Empfehlungen gab es viele bei meinem Besuch. Der Grafiker des BNI Chapters hat natürlich bei bis zu 45 Mitgliedern auch immer mal wieder einen Auftrag, den er alleine innerhalb der Gruppe bekommt.

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Empfehlungen aussprechen bedeutet Vertrauen

Auf der anderen Seite bin ich auch nicht vollends überzeugt und begeistert. Empfehlungen spreche ich nur aus, wenn ich wirklich überzeugt bin von der Person, die ich empfehle. In der BNI Gruppe gibt es aber bewusst nur einen Vertreter oder eine Vertreterin pro Profession, damit ich bei der Suche nach Rechtsbeistand in meinem Umfeld nur den Rechtsanwalt des Chapters empfehle. Insofern stellte ich einem BNI Mitglied auch die Frage, was denn passiert, wenn ich jemanden nicht ruhigen Gewissens empfehlen möchte - zum Beispiel weil ich mit dessen Arbeit keine guten Erfahrungen gemacht habe. Laut seiner Aussage sorgt die Gruppe für eine Auswahl, indem die Branchenvertreter innerhalb eines Chapters regelmäßig von den anderen wieder gewählt / bestätigt werden müssen. So soll sichergestellt werden, dass keine schwarzen Schafe in der Gruppe sind. Das setzt eine ziemlich eindeutig gute oder schlechte Erfahrung der anderen mit der Leistung des einzelnen voraus. Ob das immer so funktioniert, würde ich zunächst bezweifeln. 
 


Ich bin mir zudem nicht sicher, ob es richtig ist, Empfehlungen zu „erzwingen“. Diesen Eindruck gewinnt man jedoch durch den sozialen Druck in der BNI Gruppe. Einen gewissen Druck kann man nicht leugnen, wenn der Einzelne wöchentlich nach Empfehlungen gefragt wird.

Mein Fazit zum BNI

Im Gegensatz zu anderen Veranstaltungen, die ich hin- und wieder besuche (Likemind, Startup Breakfast), bringt das BNI eine sehr hohe Verbindlichkeit mit. Als festes Mitglied verlassen sich die anderen auf einen, schließlich wollen sie von den Empfehlungen profitieren. Neben dem wöchentlichen Treffen von knapp 2 Stunden muss man sich daher zusätzliche Zeit nehmen, um mögliche Empfehlungen zu finden und diese anzubahnen. Außerdem wird man angehalten regelmäßig 4-Augen Gespräche mit anderen Mitgliedern zu vereinbaren, um einander besser kennenzulernen und denjenigen besser empfehlen zu können.

Für viele wird das Prozedere, der Empfehlungsdruck (und vielleicht auch die frühe Uhrzeit) schlichtweg “too much" sein, insbesondere in der wöchentlichen Frequenz.

Gerade Unternehmer mit wenig Erfahrung im Vertrieb und der Vermarktung ihrer Idee können die Regelmäßigkeit der BNI Treffen aber auch nutzen, um ihre Unternehmensvorstellung und ihr Auftreten zu üben und zu perfektionieren. Und Übung macht bekanntlich den Meister. Das würde ich auch von den BNI Teilnehmer von Balthasar behaupten. Eigentlich jeder hat seine 60-Sekunden Selbstpräsentation dort routiniert und auf den Punkt hinbekommen.

 

Ich für meinen Teil werde kein regelmäßiger Besucher einer BNI Gruppe werden, aber vielleicht in unregelmäßigen Abständen verschiedene Gruppen besuchen, um neue Leute kennenzulernen. Ein wöchentliches, 2-Stündiges Treffen mit den gleichen Leuten wäre mir zu viel Aufwand, selbst wenn wir dadurch jede Woche mehrere neue Kunden für unsere Adressverwaltung gewinnen könnten. Das mag aber an unserem Geschäftsmodell und meiner persönlichen Zeiteinteilung liegen.

Zusätzlich zu den wöchentlichen Treffen gibt es auch ein soziales Netzwerk nur für BNI-Mitglieder namens BNI-Connect. Erfahrungen habe ich dazu nicht sammeln können, da ich kein Mitglied eines BNI Chapters geworden bin.

Ich hoffe meine BNI Erfahrungen helfen Ihnen. Am besten probieren Sie es aber selber aus und machen sich ein eigenes Bild. 

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Axel von Leitner
Autor
Axel von Leitner