4 Minuten Lesezeit

Autokauf in 2015 - so geht schlechter Vertrieb

Mein Anliegen ist relativ einfach: Für ein neues Auto bin ich bereit, einigermaßen viel Geld auszugeben. Die Produkte sind in Funktion und Design recht ähnlich und vernünftig von A nach B sollten mich die meisten neuen Autos bringen. Meine Grundannahme wäre also gewesen, dass der eine oder andere Hersteller versuchen wird durch einen besonderen Service hervorzustechen. Dem war jedoch ganz und gar nicht so. Das ist ein Erfahrungsbericht des Service-Versagens im VW Konzern. Ohne es mit Sicherheit sagen zu können, vermute ich jedoch, dass es bei anderen Herstellern nicht viel besser aussieht. Zumindest haben das meine Recherchen und viele Service-Tests gezeigt. Wenn ich eine Alternative hätte, würde ich am liebsten kein Auto mehr kaufen, diese Option habe ich aber leider nicht. Doch fangen wir vorne an.

Rückmeldung? Fehlanzeige!

Das erste Mal direkt geäußert habe ich mein Interesse an einem Auto im Oktober letzten Jahres auf der Skoda Webseite. Dort erbat ich die Probefahrt eines Octavia RS bei einem Händler in meiner Umgebung. Daraufhin bekam ich eine automatisierte E-Mail, dass man sich kümmert. Dann passierte etwa zwei bis drei Wochen nichts. Irgendwann bekomme ich dann den Anruf eines Call Centers, das mich fragt, wie meine Probefahrt denn war. Stark denke ich, und erkläre noch belustigt, dass diese bis dato nicht stattgefunden hat. Ich hätte von keinem Händler gehört.

Peinlich berührt kramt die Frau einen weiteren Händler raus, der 100km und 1,5 Stunden mit dem Auto von mir entfernt ist. Wie käme ich da wohl hin, wenn ich noch gar kein Auto hätte, frage ich mich. Dieser Händler ruft mich tatsächlich einige Wochen später an, als ich schon wieder nicht mehr damit gerechnet hatte. Ist ja alles gar kein Problem, ich könne den Wagen natürlich auch am Wochenende Probe fahren. Vorausgesetzt, ich starte Samstag morgen ca. gegen 8 Uhr. Ansonsten lohnt sich die Fahrt ja nicht mehr, weil der Wagen am Samstag schon gegen 12:30 Uhr wieder zurück sein muss. Dann schließt das Autohaus. Alternativ kann ich mich natürlich auch während der Woche auf den Weg machen, aber da habe ich aber für eine entspannte Probefahrt wenig Ruhe. Das ist dann wohl mein Fehler.

Kaum Probewagen, ewige Lieferzeiten

Im Gespräch mit dem Skoda-Händler erfahre ich dann auch den Grund für die weite Fahrt: Es gibt anscheinend einfach kaum Skoda Octavia RS als Probewagen. Dass die Wagen so beliebt sind, wirkt sich auch auf die Lieferzeit aus - neun (!) Monate wartet man mindestens auf seinen neuen Octavia. Ich habe zwar keine Hektik, aber ein knappes Jahr wollte ich dann doch nicht mehr auf den Wagen warten. Sorry für den Vergleich, aber ich dachte die Zeiten des Trabant wären vorbei.

Leicht frustriert von Skoda versuchte ich es bei dem Bruder VW. Der Golf Variant gefällt mir zwar nicht ganz so gut, aber vielleicht kommt die Lust ja bei der Fahrt. Und tatsächlich: Nach meinem Anruf dauert es nur 2 Wochen bis ich von dem Verkäufer zurückgerufen werde, der bei meinem ursprünglichen Anruf “gerade nur im Kundengespräch" war. Die Entschuldigung: Er war dann krank. Kein Problem, ich bin ja schon einiges gewohnt. Einen Golf mit vernünftigem Motor gibt es auch in Köln und so komme ich tatsächlich noch zur Probefahrt.


Die Tour hat mir auch gefallen, aber irgendwie wollte ich doch wenigstens kurz mal einen Skoda Octavia zur Probe fahren. Dir RS-Version habe ich mir schon ausgeredet, alleine wegen der Wartezeit. Ich dachte also, “versuchst du es mal bei dem großen Skoda Händler in Leverkusen". Dort rufe ich an, erläutere kurz mein Anliegen und sage nur im Nebensatz, dass es mit dem Octavia RS jawohl ein kleines Drama wäre. Stolz wie Bolle erzählt mir der Verkäufer “ich habe einen hier stehen". Einerseits erfreut, andererseits völlig gefrustet über das völlige Organisationsversagen des Skoda-Händlerverbunds bin ich zunächst sprachlos. Macht aber nichts, denn der Verkäufer ist - oh Wunder - auch gerade im Kundengespräch. Er will mich aber danach zurückrufen. Das war vor ein paar Tagen, wie lange genau weiß ich schon gar nicht mehr. Auf jeden Fall warte ich noch immer auf eine Probefahrt.

Unverständnis oder Frust?

Warum bekommt jemand, der gerne ein Produkt für über 30.000 Euro kaufen möchte, nicht am gleichen Tag einen Rückruf? Warum tut man nicht alles, um mir ein gutes Gefühl bei der Auswahl des Autos zu geben? Ich frage mich, wie das erst werden soll, wenn ich tatsächlich mal einen Service brauche? Oder vernachlässigen die Händler den Verkauf mittlerweile so stark, weil sie das Geld ohnehin nur noch mit den Werkstätten verdienen? Dann sollten sie aber doch wenigstens so schlau sein, den Zusammenhang zwischen verkauften Autos und Wartungen / Reparaturen zu verstehen. Wobei… wundern würde es mich nicht mehr.


Ich stelle fest: Für die Ingenieurleistungen sind Deutschlands Autobauer international bekannt und beliebt. Bei Verkauf und Service finde ich aber nur die gute alte Service-Wüste. Das es bei den eher rückläufigen Absatzzahlen der letzten Jahre so schwierig ist, ein Auto zu kaufen, hätte ich im Leben nicht gedacht. In den Jahren hätte man doch mal lernen können, wie man Vertrieb macht. Ich rufe jetzt gleich nochmals bei dem Händler an und mache seinen Job.


Axel von Leitner
Autor
Axel von Leitner