Lea Maaß leitet mit ihrem Mann Jochen das Medienbüro MAASS·GENAU, beide haben selbst jahrelang als Journalisten gearbeitet, zuletzt für die TV-Sendung “Hart aber fair”. In unserem Interview steht uns Lea Rede und Antwort und gibt Einblicke in den Alltag von Journalisten.
Wie können Selbstständige und KMU einschätzen, ob Informationen für Journalisten relevant sind oder nicht?
Für Journalisten sind Themen relevant, die neu und gesprächswertig für die jeweiligen Leser, Zuhörer und Zuschauer sind. Deshalb ist es wichtig zu überlegen, mit welchem Thema man welches Medium anspricht. Das Lokalblatt braucht eine andere Geschichte als eine Primetime-Politik-Talkshow im Fernsehen. Das Thema muss zum Medium passen. Man sollte daher im ersten Schritt die Medien kennen, die man anspricht. Und sich dann fragen: Wen interessiert meine Geschichte und warum? Was ist der konkrete Anlass für meine Geschichte bzw. warum sollte dieses Medium ausgerechnet jetzt über das Thema berichten?
Worauf sollten Unternehmen bei Ihrer Pressearbeit achten, wenn sie Journalisten ansprechen?
Sie brauchen ein Gespür für die aktuelle Themenlage.
Wenn ich einen Journalisten anspreche, sollte ich wissen, was er bei seinem Medium macht. Am Besten habe ich seine letzten Artikel gelesen oder seine Sendung geschaut. Journalisten haben in der Regel wenig Zeit und mögen keine Anfragen, denen man anmerkt, dass sich der Anfragende nicht mit dem Medium beschäftigt hat. Das passiert häufig, wenn Menschen in die Öffentlichkeit wollen, selbst aber weder Zeitung lesen, Radio hören oder Fernsehen schauen. Was Sie brauchen, ist Gespür für die aktuelle Themenlage und für das, was das Medium ausmacht, in das Sie mit Ihrem Thema wollen. Deshalb wäre die erste Hausaufgabe: rein in den Zeitungskiosk, Radio einschalten, die wichtigsten TV-Sendungen schauen und sich im ersten Schritt mal eine ganze Woche informieren.
Wenn kleine und mittelständische Unternehmen interessante Informationen für Journalisten haben, wie sollten sie diese am Besten ansprechen?
Das Ziel sollte sein, ein Vertrauensverhältnis zum Journalisten aufzubauen.
Da ist sicherlich jeder Journalist anders. Mir waren als ehemalige TV-Redakteurin Mails am liebsten. Denn die kann ich lesen, wann es mir passt und im besten Fall finde ich in einer Mail bereits alle Informationen, die ich brauche. Und wenn doch noch Fragen offen sind, kann ich immer noch nachfragen. Am Besten ist es natürlich, wenn man für den Journalisten bereits ein Gefühl hat: Wie ist sein Arbeitsrhythmus, was ist ihm wichtig, wann hat er ein bisschen Luft und steckt nicht gerade im größten Stress oder einer wichtigen Konferenz. So ein Verhältnis baut sich meist erst mit der Zeit auf. Journalisten bekommen jeden Tag zahlreiche Anfragen. Jeden Tag will ihnen jemand etwas „ganz besonders Spannendes“ anbieten. Da gehen einzelne Angebote als Mail schnell unter. Anrufe im größten Stress nerven allerdings auch. Wichtig ist, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, bei dem der Journalist weiß: Wenn XY sich meldet, lohnt es, sich damit zu beschäftigen. Ist nicht einfach. Aber das muss das Ziel sein.
Nachfassen ja oder nein - wie empfinden Journalisten ein telefonisches Follow Up nach dem Versand einer Pressemitteilung?
Auf jeden Fall kommt es hier auf das richtige Maß an. Da Journalisten meist übervolle Schreibtische haben, kann schon mal etwas untergehen, dann ist eine Erinnerung sogar hilfreich. Auf keinen Fall sollte man Druck aufbauen oder den Journalisten am Telefon belagern. Wenn ein Thema richtig spannend ist bzw. genau den Ton des Mediums trifft, wird sich der Journalist ganz sicher melden. Keine Reaktion ist in den meisten Fällen auch ein Zeichen. Dann sollte man sich Gedanken machen, was beim nächsten Mal besser werden muss: War die Pressemitteilung spannend genug formuliert? War es das richtige Thema zum richtigen Zeitpunkt?
Was nervt Journalisten am Meisten an PR-Agenturen und Presseverantwortlichen?
Wenn sich Journalisten einmal entschieden haben, wollen sie alles „bis vorgestern“.
Es nervt, wenn das Thema so gar nicht zum Medium und zur Zielgruppe passt. Schwierig ist es auch, wenn man mehrfach mit Anrufen überzeugt werden soll, nach dem Motto: „Es wäre doch genau jetzt das richtige Thema für Sie.“ Journalisten und Redaktionen entscheiden frei, wie und welche Themen sie auswählen und das ist auch gut so. Wenn sich Journalisten einmal entschieden haben, wollen sie alles „bis vorgestern“. Da sollte man als PR-Verantwortlicher dann auch schnell alle wesentlichen Informationen liefern können - was leider nicht alle können.
Welche Fehler sollten Unternehmer auf keinen Fall bei ihrer Pressearbeit machen?
Wer etwas platzieren möchte, sollte sich lieber über klassische Werbung Gedanken machen.
Journalisten machen keine Werbung. Es darf also nicht der Eindruck entstehen, dass PR-Agenten einem Journalisten ein Thema „aufschwatzen“ wollen. Bei der journalistischen Arbeit geht es um die Vermittlung von Informationen und Geschichten, die einen Mehrwert für die Zielgruppe haben. Wenn beides stimmt, verweisen Medien gerne auf ein Geschäft, eine Veranstaltung, ein Produkt oder ein Buch. Doch an erster Stelle steht immer das Thema. Noch etwas: Journalisten reagieren allergisch auf Begriffe wie „platzieren“. Zu Recht, wie ich finde. Ein Thema sollte so gesprächswertig sein, dass es von sich aus funktioniert. Wer wirklich nur etwas platzieren möchte, sollte sich lieber über klassische Werbung Gedanken machen.
Presseverantwortliche auf Unternehmensseite sind abhängig von Journalisten. Ist dies auch umgekehrt der Fall? Brauchen Journalisten also die Presseverantwortlichen, um ihre Arbeit zu machen?
Abhängigkeit ist ein starkes Wort. Aber klar ist, dass man sich gegenseitig für eine gute Geschichte braucht. Denn ohne einen guten Gesprächspartner oder die konkreten Informationen des Unternehmens kann ein Journalist eine Geschichte nicht „rund machen“. Deshalb ist die Unterstützung durch die Pressestelle sehr wichtig. Umgekehrt gilt: Auch die Pressestelle hat etwas von einer guten Zusammenarbeit. Denn wer in guten Zeiten offen und transparent mit Journalisten umgeht, wird in der Regel auch in schlechten Zeiten kritisch und trotzdem fair von der Presse behandelt. Gar nichts zu sagen, ist für einen Pressesprecher fast nie eine gute Lösung.
Kannst du ein paar Einblicke in den Arbeitsalltag von Journalisten geben?
Mit guten Typen und starken Stories wird man Medien immer erreichen können.
Journalisten haben sehr lange Arbeitstage und der Druck ist recht hoch, da sie sehr viele Informationen filtern müssen: heute Steuern, morgen Gesundheit, übermorgen Sicherheit. Sie sind für ihre Artikel, Beiträge oder MAZen in der Regel selbst verantwortlich. Fotos machen, O-Töne sammeln und Videos drehen - und dann selbst texten und schneiden: Das ist mittlerweile Alltag in Redaktionen. Vor allem gibt es online keinen Redaktionsschluss mehr. Das bedeutet: Alles muss möglichst schnell fertig sein. Hinzu kommt, dass die meisten Redaktionen heute eher unterbesetzt sind und geräuschlos arbeitende Allrounder brauchen. Trotzdem: Journalisten bringen in der Regel ein hohes Maß an Leidenschaft für ihren Beruf mit, der für sie nicht nur ein Job zum Geld verdienen ist. Journalisten lieben Menschen und Geschichten. Das wird trotz aller Arbeitsverdichtung immer so bleiben. Und mit guten Typen und starken Stories wird man Medien auch immer erreichen können.
Warum ist Pressearbeit für Selbstständige und KMU so wichtig?
Pressearbeit ist für Selbstständige und KMU sicherlich von zentraler Bedeutung. „Über Sie wird man sprechen!“ ist z.B. das Motto unser Agentur MAASS·GENAU. Denn ohne Aufmerksamkeit ist es schwer am Markt zu bestehen. Gekaufte Werbung ist in der Regel sehr teuer – und bleibt am Ende auch nur Werbung nach dem Motto „Kaufen Sie das!“. Das überzeugt nur noch wenige. Journalistischer Content hingegen generiert ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Reichweite in Millionenhöhe. Dabei sollten aber auf jeden Fall die Grundregeln beachtet werden, denn die Interessen von Medien und Wirtschaft sind sehr unterschiedlich. Deshalb empfehle ich zumindest eine Grundberatung zum Umgang mit Journalisten. Und auf jeden Fall sollte man Geduld mitbringen: Bis man es nachhaltig in die Medien schafft, braucht man häufig einen langen Anlauf. Es lohnt sich, an guter und vor allem nachhaltiger Medienarbeit nicht zu sparen. Ob in guten oder in schlechten Zeiten: Unternehmen und Produkte stehen immer in der Öffentlichkeit. Es ist wichtig, damit richtig umgehen zu können.
Sie möchten mehr zum Thema lesen? Bisher sind in der Serie "PR für Selbständige und KMU" folgende Artikel erschienen:
- Public Relations für Selbstständige und KMU
- Grundlagen für die Öffentlichkeitsarbeit
- Die richtigen Medien für Ihre Öffentlichkeitsarbeit
- PR für KMU: Diese Journalisten sollten Sie ansprechen
- Über den Umgang mit Journalisten
- Journalistenkontakte mit einem CRM verwalten
- PR für KMU: Themen finden für die Pressearbeit
- PR-Texte: Alternativen zur Pressemitteilung
- Eine Pressemitteilung schreiben
- Pressemitteilung und Co. an Journalisten schicken
- Blogs und Podcasts für die Öffentlichkeitsarbeit nutzen
- Blogger Relations: So sprechen Sie Blogger richtig an
- PR intern machen oder eine geeignete PR-Agentur finden