Haben Sie sich schon gefragt, über welche Themen Sie im Rahmen Ihrer Öffentlichkeitsarbeit sprechen wollen? “Klar, über mein Unternehmen”, sagen Sie jetzt vielleicht. Aber haben Sie darüber nachgedacht, dass das womöglich keinen Journalisten interessiert? Dass Sie von Ihrem Produkt begeistert sind, steht außer Frage, aber dass Redakteure diese Begeisterung teilen oder darin einen Nachrichtenwert sehen, steht auf einem ganz anderen Blatt. Einfach nur über die Existenz Ihres Unternehmens zu informieren oder über Ihr Produkt bzw. Ihre Dienstleistung zu berichten, funktioniert in der Regel nicht. Da Journalisten auf Ihre nächste Pressemitteilung vermutlich nicht so gespannt sind, wie auf das nächste iPhone, sollten Sie eigene und spannende Themen generieren, die die Redakteure von Ihrer Tastatur aufschauen lassen. Wie Ihnen das gelingt, darüber wollen wir in diesem Artikel berichten. Wir geben Ihnen ganz konkrete Beispiele und Tipps aus der Praxis, wie Sie es schaffen, um die Ecke zu denken und andere Perspektiven bei der Themenfindung einzunehmen.
Nachrichtenfaktoren oder die drei T’s
Die Kommunikationswissenschaft hat einige Faktoren herausgearbeitet, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Journalisten über ein Thema berichten. Man spricht dabei von den so genannten Nachrichtenfaktoren oder auch dem Nachrichtenwert. Demnach erhöhen folgende Nachrichtenfaktoren die Wahrscheinlichkeit, dass Ereignisse in den Medien Erwähnung finden: Neuigkeit, Nähe, Tragweite, Menschen (vor allem Prominente), Dramatik, Kuriosität und Superlative, Konflikt, Sex, Gefühle, Fortschritt.
Die drei T’s - Titten, Tote, Tiere - so hat einst ein PR-Dozent beschrieben, worüber Medien gern berichten. Je mehr Nachrichtenfaktoren ein Thema bedient, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es von Journalisten aufgegriffen wird. Wenn Sie sich also ein neues Haus kaufen (Nachrichtenwert Neuigkeit), dann wird darüber vermutlich niemand berichten. Wenn Brad Pitt das Gleiche macht (Nachrichtenfaktor Neuigkeit und Prominenz), dann werden diese Nachricht diverse Medien aufgreifen.
Vielleicht denken Sie nun, dass die Themen Ihres Unternehmens keinem dieser Nachrichtenwerte gerecht werden. Sie bieten möglicherweise eine Dienstleistung an, die es in ähnlicher Form bereits tausendfach auf dem Markt gibt und die weder von prominenten Menschen in Anspruch genommen wird, noch mit Dramatik oder Sex im Zusammenhang steht. Das sollte Sie nicht davon abhalten, sich trotzdem mit dem Thema Pressearbeit zu beschäftigen, denn oft hilft es, ein wenig um die Ecke zu denken. Wenn Sie Themen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten und in unterschiedlichen Zusammenhängen beleuchten, können sie für Journalisten durchaus von Interesse sein. Bleiben wir bei dem Beispiel Ihres neuen Hauses: Wenn Sie mit einem lokalen Künstler kooperieren und es von ihm außergewöhnlich bemalen lassen (Nachrichtenfaktor Neuigkeit, Prominenz und Kuriosität), dann kann es durchaus sein, dass die Lokalzeitung darüber berichtet.
Unterschiedliche Inhalte für unterschiedliche Medien
Welche Inhalte Ihre Öffentlichkeitsarbeit erfolgreich machen, hängt stark davon ab, an welche Journalisten Sie sich wenden. Die gleiche Pressemitteilung an eine Lokalzeitung, RTL aktuell und das Fachmagazin Ärzteblatt zu schicken, macht keinerlei Sinn. Jedes Medium hat andere Kriterien, anhand derer beurteilt wird, ob ein Thema berichtenswert ist, oder nicht. Das örtliche Lokalblatt wird sehr viel wahrscheinlicher über Ihr neues künstlerisch bemaltes Haus berichten, als über die Villa von Brad Pitt. Hingegen haben Sie in der Gala oder Bunten keine Chance, dass Ihr Haus Erwähnung findet.
Um zu veranschaulichen, wie Sie in unterschiedlichen Medien Ihr Unternehmen platzieren können, geben wir Ihnen im Folgenden ein konkretes Beispiel einer fiktiven Firma.
Beispiel: Startup für ergonomische Laufschuhe
Das Startup “Renner” wurde gerade von drei Uni-Absolventen gegründet. Die drei haben sich über einen Lauftreff der Universität Köln kennen gelernt und ihr Büro im Kölner Stadtteil Mülheim eröffnet. Ihr Produkt ist ein besonders ergonomischer Laufschuh, der sich von Konkurrenzprodukten vor allem durch eine besonders rutschfeste Sohle unterscheidet. Damit richten Sie sich vor allem an Hobbysportler, die im städtischen Gebiet joggen. Das Produkt soll über einen eigenen Online-Shop sowie über Einzelhändler, Handelsketten und große Online-Shops innerhalb Deutschlands vertrieben werden.
Gründermedien:
Es gibt in Deutschland mittlerweile einige “Gründermedien” (z.B. deutsche startups, Starting Up oder Gründerszene), die speziell über Unternehmensgründungen und relevante Themen für Gründer berichten. Diese Medien sollte “Renner” auf jeden Fall über die Unternehmensgründung informieren. Im Fokus der Pressearbeit steht in diesem Fall die Unternehmensgründung selbst: Also Informationen über die Gründung, das Produkt, Unternehmensstruktur, Zielgruppe, Marketing, Vertrieb, Strategie etc.
Lokalmedien:
Regionale Nähe ist ein wichtiger Nachrichtenfaktor, den “Renner” nutzen sollte, um Medienpräsenz zu generieren. Auch wenn es sich bei dem Produkt Laufschuh um kein lokales Produkt handelt, so kann doch das Unternehmen mit seinen Gründern einen Aufhänger geben. “Renner” ermittelt Zahlen darüber, wieviele Startups in Köln-Mülheim angesiedelt sind und zieht einen Vergleich mit anderen Kölner Stadtteilen. Damit wenden sie sich an die Presse, berichten über Vor- und Nachteile, als Startup in Köln-Mülheim zu sitzen. Damit stellen sie zwar nicht ihre Firma und ihr Produkt in den Fokus, sondern das Thema Startups, haben in diesem Zusammenhang aber gute Chancen, als ein Beispiel für ein Mühlheimer Startup in der Berichterstattung erwähnt zu werden. Eine weitere Möglichkeit um den Nachrichtenfaktor “regionale Nähe” zu nutzen: “Renner” hängt in den Baum vor seinem Büro jede Menge Laufschuhe, teilt Fotos davon in den sozialen Netzwerken und schickt sie an die Lokalpresse, die immer gern kreative Kuriositäten aus dem Stadtviertel aufgreifen.
Fachmedien für Händler:
Fachmedien berichten fachspezifisch, hier ist also der geeignete Platz, um über die Produkteigenschaften des Laufschuhs ins Detail zu gehen und die Vorteile gegenüber anderen Schuhe zu erwähnen. Die Gründergeschichte spielt hier hingegen eine untergeordnete Rolle.
Sportmedien:
Die Sport-Publikumspresse kann “Renner” durchaus auch über ihr Produkt informieren, allerdings nicht so detailliert, wie die Fachmedien. Außerdem ist es hier wichtiger eine Geschichte rund um das Produkt zu erzählen. Die Gründer könnten beispielsweise darüber berichten, dass sie sich bei einem Uni-Lauftreff kennen gelernt haben. Nachdem einer von ihnen auf nassen Pflastersteinen ausgerutscht ist und sich einen Bänderriss zugezogen hat, haben die drei beschlossen, einen Laufschuh mit besonders rutschfester Sohle zu entwickeln.
Nach der Gründung:
Bald ist die Unternehmensgründung vollzogen und der Laufschuh nicht mehr neu. Trotzdem will “Renner” auch weiterhin in den Medien präsent sein, daher braucht das Unternehmen andere Themen, um im Gespräch zu bleiben, da der Nachrichtenfaktor Neuigkeit nicht mehr existiert. Auch hier heißt es, um die Ecke denken: Einen Laufschuh braucht man zum Laufen, also sollte “Renner” überlegen, wie ihr Produkt im Zusammenhang mit Laufen erwähnt werden kann. Eine Möglichkeit ist, dass “Renner” Tipps zusammenstellt, was man beim Joggen im Herbst beachten sollte. In diesem Zusammenhang wird ihr Laufschuh erwähnt, der insbesondere in der kalten Jahreshälfte den Vorteil seiner rutschfesten Sohle ausspielen kann.
Das Beispiel von “Renner” soll Ihnen veranschaulichen, mit welch unterschiedlichen Themen Sie unterschiedliche Arten von Medien ansprechen können. Wenn Sie selbst nach Themen suchen, in deren Zusammenhang Sie Ihr Unternehmen in den Medien positionieren können, dann versuchen auch Sie unterschiedliche Perspektiven einzunehmen.
Unser Tipp:
Verfolgen Sie aufmerksam die Berichterstattung der Medien, die für Ihr Unternehmen relevant sind, damit Sie ein Gefühl dafür bekommen, welche Themen aufgegriffen werden. Für Ihre Themenplanung lohnt es sich, am Anfang des Jahres in den Mediadaten nach Themenschwerpunkten der Medien zu recherchieren, und diese in Ihre eigene Themenplanung zu integrieren.
Themenfindung konkret: So gehen Sie vor
Jetzt wird es konkret: Greifen Sie zu Papier und Stift oder öffnen ein leeres Dokument und stellen sich die folgenden Fragen:
In welcher Situation befindet sich Ihr (potenzieller) Kunde? Ist er gestresst oder entspannt? Befindet er sich in einer Umbruchsituation (z.B. durch Berufswahl, Familiengründung oder Start in den Ruhestand)? Ist er zufrieden oder unzufrieden? Und welche Rolle könnte Ihr Unternehmen in all diesen unterschiedlichen Situationen einnehmen?
Welche Themen sind für Ihre Kunden relevant? Sind sie politisch engagiert und immer auf dem neuesten Stand? Dreht sich ihr Leben vor allem um die eigene Familie? Steht die Karriere im Mittelpunkt? Und auch hier wieder die Frage: Welchen Mehrwert bietet Ihr Produkt dem potenziellen Kunden? Sprechen Sie ihn als Privatperson an oder nur im Kontext seiner Arbeit?
Auf welchem Gebiet sind Sie Experte? Inwiefern kann Ihr Kunde davon profitieren? Wie können Sie Ihr Wissen weitergeben und damit Ihren Expertenstatus intensivieren? Welche Erfahrungen und Einblicke, die Sie durch Ihr Business haben, sind für Journalisten von Interesse?
Welchen Einfluss haben saisonale Anlässe auf Ihre Kunden und das Verhältnis zu Ihrem Produkt? Könnten die guten Vorsätze zum Beginn eines Jahres dazu führen, dass Ihr Produkt besonders gefragt ist? Haben Feierlichkeiten wie Ostern oder Weihnachten einen Einfluss auf Ihr Geschäft? Wie fühlen sich Ihre Kunden zu bestimmten Jahreszeiten und was könnte das mit Ihrem Produkt zu tun haben?
Welche unternehmerischen Anlässe liefern einen Anlass, mit der Presse in Kontakt zu treten? Haben Sie als Startup einen Investor an Bord geholt? Stellen Sie auf einer Messe aus, die die Fachwelt interessiert? Expandieren Sie oder führen neue Produkte ein? Wollen Sie Ihren Kunden Einblicke in Ihren Unternehmensalltag geben? Sind Sie ein hippes Startup mit interessanten Gründerpersönlichkeiten, die die Menschen faszinieren?
Themenfindung konkret: Welche Nachrichtenfaktoren bedienen Sie?
Schauen Sie sich noch einmal die Liste der Nachrichtenfaktoren an und versuchen zu jedem dieser Nachrichtenfaktoren einen Bezug zu Ihrem Unternehmen oder Produkt herzustellen. Seien Sie dabei ruhig mutig und kreativ, erst einmal geht es nur um ein Brainstorming. Ob Sie Ihr Produkt dann tatsächlich mit den drei T’s - Titten, Tote, Tiere - in Verbindung bringen wollen, können Sie im zweiten Schritt dann immer noch entscheiden.
Brainstorming-Übung
Darüber hinaus sollten Sie hin und wieder die folgende Brainstorming-Übung machen:
Wenn Sie zukünftig einen Medienbericht lesen oder anschauen, dann überlegen Sie im Anschluss, in welchem Zusammenhang Ihr Unternehmen oder Ihr Produkt in diesem Bericht hätte erwähnt werden können. Gerade wenn das Thema erst einmal gar nichts mit Ihrem eigenen zu tun hat, ist dies eine sehr gute Übung, um auf Ideen zu kommen, die eigentlich nicht naheliegend aber vielleicht gerade deshalb interessant sind.
Unser Tipp:
Google Alerts ist ein Service von Google, der Ihnen dabei hilft, über bestimmte Themen auf dem Laufenden zu bleiben. Sie können dieses Tool aber auch zur Generierung von Themenideen einsetzen: Richten Sie sich ganz einfach Google Alerts zu relevanten Begriffen ein, und erhalten von Google regelmäßige Updates, wenn diese Begriffe im Netz auftauchen. Auf diese Weise sehen Sie in welchem Zusammenhang über Ihre Themen berichtet wird und erhalten Ideen für Ihre eigene Themenfindung.
Sie möchten mehr zum Thema lesen? Bisher sind in der Serie "PR für Selbständige und KMU" folgende Artikel erschienen:
- Public Relations für Selbstständige und KMU
- Grundlagen für die Öffentlichkeitsarbeit
- Die richtigen Medien für Ihre Öffentlichkeitsarbeit
- PR für KMU: Diese Journalisten sollten Sie ansprechen
- Über den Umgang mit Journalisten
- Journalistenkontakte mit einem CRM verwalten
- PR für KMU: Themen finden für die Pressearbeit
- PR-Texte: Alternativen zur Pressemitteilung
- Eine Pressemitteilung schreiben
- Pressemitteilung und Co. an Journalisten schicken
- Blogs und Podcasts für die Öffentlichkeitsarbeit nutzen
- Blogger Relations: So sprechen Sie Blogger richtig an
- PR intern machen oder eine geeignete PR-Agentur finden