Früher waren es Höhlenmalereien, heute sind es Romane und aufwendig produzierte Filme: Der Mensch hat schon immer Geschichten erzählt. Und dabei ist es ganz egal, ob man als Vater seinen Kindern eine Gute-Nacht-Geschichte erzählt oder als Autor ein neues Buch verfasst - irgendwie versucht man doch immer, sein Gegenüber mitzureißen. Auf der anderen Seite lässt man sich auch als Zuhörer gerne in den Bann ziehen und von einer guten Geschichte fesseln.
Auch viele Unternehmen haben die Storytelling-Methode deswegen zu einem festen Bestandteil Ihrer Kommunikationsstrategie geformt. Denn Konsumenten lassen sich heutzutage nur noch selten allein von blinkenden Werbetafeln überzeugen. Gutes Storytelling kann sich aus dem Meer von Werbebotschaften positiv abheben.
Storytelling funktioniert - sagt die Wissenschaft
Dass Storytelling im Marketing offensichtlich funktioniert, erkennt man nicht nur an seinem steigenden Einsatz im Marketing vieler Unternehmen, sondern kann auch wissenschaftlich begründet werden: Geschichten sind für das menschliche Gehirn leichter zu verarbeiten als trockene Fakten und aktivieren es deutlich umfassender.
“To hell with facts! We need stories!” - Ken Kesey, Schriftsteller
Das liegt vor allem daran, dass Geschichten Informationen erlebbar machen. Soll heißen, Geschichten schaffen Bilder und stimulieren Gehirnteile, die für die eigenen Erinnerungen und Emotionen zuständig sind. Zudem fällt es dem menschlichen Gehirn leichter, die Informationen aus einer Geschichte abzuspeichern und auch langfristig wieder abzurufen.
Dieses Video des Lebensmittelriesen Edeka erzählt die Geschichte von “Eatkarus” und ist ein gutes Beispiel für gelungenes Storytelling:
Die Geschichte von Eatkarus verknüpft ein einfaches Produkt (Waldbeeren), mit einer fiktiven Geschichte. Die Story fesselt von Anfang an und man möchte wissen, wie es weitergeht.
Im Gegensatz dazu wirken faktenbasierte Informationen schlicht langweilig. Natürlich kann man auch diese Informationen interessant und ansprechend aufbereiten und sie bleiben für eine finale Kaufentscheidung absolut relevant (z.B. der Preis). Allerdings behält man Geschichten schlicht besser und länger in Erinnerung. An Eatkarus werden Sie sich auch nächste Woche noch erinnern können, dass die Beeren aus Spanien kommen haben Sie sich vermutlich nicht einmal gemerkt.
Wirklich gutes Storytelling stellt die Geschichte selbst in den Mittelpunkt. Deswegen wird die Storytelling-Methode auch häufig unter das Dach des Content Marketings einsortiert. Ein weiteres gutes Beispiel liefert dieses Video des Optikers Fielmann, der die Geschichte eines kleinen Jungen in den Vordergrund stellt:
Die eigene Corporate Identity als Basis für eine gute Story
Bevor man jetzt auf Teufel komm raus nach einer passenden Geschichte sucht, sollte man den Blick zunächst auf das eigene Unternehmen richten. Letztlich ist der Einsatz der Storytelling-Methode nämlich nur dann sinnvoll, wenn es authentisch ist und zur Unternehmensidentität passt - Stichwort Corporate Identity.
Sie ist Ausgangspunkt der Storytelling-Planung, schließlich soll am Ende eine Geschichte erzählt werden, die zum Unternehmen passt. Auf der Unternehmensidentität aufbauend können Sie sich anschließend an den folgenden Punkten orientieren:
Die Zielgruppe: Wer soll mit der Geschichte erreicht werden?
Ein wichtiger Punkt, schließlich möchten Sie die richtigen Leute auf Ihre Story aufmerksam machen. Legen Sie also früh fest, wer die Zielgruppe Ihrer Story ist. Deckt sie sich mit Ihrer generellen Zielgruppe? Oder betrifft sie nur einen bestimmten Teil? Diese “neue” Zielgruppe sollten Sie auch bei allen weiteren Schritten immer vor Augen halten.
Die Wahl des Storytelling-Typen
Bei der Wahl des Storytelling-Typen können Sie bereits das erste Mal den inhaltlichen Rahmen der Geschichte abstecken und grundsätzlich aus diesen Alternativen wählen:
- Unternehmens-, Marken- oder Produktgeschichte: Erzählen Sie eine Geschichte über die Gründung Ihres Unternehmens, der Marke oder auch eines bestimmten Produktes. Das kann z.B. der Weg der eigenen Unternehmensgründung sein, von der Idee über anfängliche Stolpersteine bis hin zum ersten Verkauf. Die Authentizität geht hier in der Regel nicht verloren, weil das Storytelling ja auf der wahren Unternehmensgeschichte und -identität fußt. Ein gutes Beispiel ist hier das junge Unternehmen mymuesli. Die drei Gründer erzählen zu ihrem sechjährigen Jubiläum auf sehr sympathische Art und Weise ihre persönliche Gründergeschichte:
- Fiktive Geschichten: Das Edeka-Video von vorhin fällt in diese Kategorie. Eine erfundene Geschichte bietet den Vorteil, dass man inhaltlich recht frei wählen kann und der Kreativität keine Grenzen gesetzt sind. Die Gefahr bei fiktionalen Geschichten ist aber, dass die Verbindung zum Unternehmen selbst verloren geht. Hier ist es also wichtig, Teilaspekte der Marke oder eines Produktes mit in die Geschichte einzubeziehen.
- Kundenberichte: Alternativ können Sie Ihre Kunden ihre eigene Geschichte erzählen lassen, die am Besten natürlich in Zusammenhang mit Ihrer Firma steht. Nachteil dieser Kundenberichte kann sein, dass die Geschichten gestellt wirken, weil der Bezug zum Produkt zu stark erkennbar ist. Hier gilt es also ein bisschen die Waage zu halten zwischen einer spannenden Geschichte und einer Bewerbung der eigenen Firma.
- Mitarbeitergeschichten: Hier erzählen Mitarbeiter z.B. eine Geschichte aus dem Büroalltag oder beschreiben den Weg und die Beweggründe, die sie zum Unternehmen geführt haben. Ähnlich wie eine Unternehmensgeschichte sind sie authentisch, weil sie “echt” sind. Der Cloud-Anbieter Dropbox veranstaltet z.B. ab und an sog. “Hack Weeks”, in der die Mitarbeiter zu einem bestimmten Thema einfach mal eine Woche drauf los programmieren. Dropbox hat das ganze dann einfach nett zusammengeschnitten und so ein Storytelling aufgezogen, dass den Zuschauer schon zu Beginn fesselt und zum Weiterschauen anregt.
Mitarbeitergeschichten werden verständlicherweise auch häufig beim Employer Branding eingesetzt, um potenzielle neue Mitarbeiter von dem eigenen Unternehmen zu überzeugen.
Jede Geschichte braucht einen Helden
Der Held, also der Protagonist der Geschichte, hängt stark vom gewählten Storytelling-Typen ab. Bei einer fiktiven Geschichte etwa orientieren Sie sich auch bei der Wahl Ihres Protagonisten an Ihrer Zielgruppe. Am Besten funktioniert Storytelling nämlich dann, wenn sich der Zuschauer mit der Hauptfigur identifizieren bzw. sich in dessen Lage hineinversetzen kann. Bei Mitarbeitergeschichten ist das schon anders, weil Sie Ihren Protagonisten nicht nach Belieben formen können. Hier bietet es sich an, eine Person auszuwählen, welche die Geschichte auf sympathische und fesselnde Art und Weise erzählen kann. Bei einer Unternehmensgeschichte hingegen fällt der Protagonist oft auch weg, weil das Storytelling wie beim mymuesli-Beispiel vorhin durch eine Außenstehende Person ersetzt wird.
Emotion hervorrufen und durch den richtigen Kommunikationsstil stützen
„Eine gut erzählte Geschichte macht aus den Ohren Augen.“ - Chinesisches Sprichwort
Mit der Storytelling-Methode möchten Sie wie eingangs erwähnt eine emotionale Brücke zwischen Ihrer Marke und dem Kunden schlagen. Machen Sie sich von Anfang an bewusst, welche Emotion das sein soll. Möchten Sie Nostalgie hervorrufen? Freude? Oder möchten Sie den Zuhörer zum Lachen bringen? Von der Wahl der Emotion hängt dann auch maßgeblich der Kommunikationsstil ab, für den Sie sich zusätzlich an der Zielgruppe orientieren sollten. Rentner erwarten eine andere Ansprache als Teenager.
Die Story braucht einen Spannungsbogen
Vielleicht das A und O Ihrer Geschichte. Der Spannungsbogen ist das, was den Zuschauer fesselt und ihn dazu motiviert, der Geschichte auch bis zum Ende zu folgen. Gutes Storytelling im Marketing zeichnet sich dadurch aus, dass es ganz grob diese drei Teile abdeckt:
- Einleitung: In welcher Situation und an welchem Ort befindet sich Ihr Held? Hier kommt bereits der Konflikt ins Spiel und der Held stößt auf ein Problem. Im Edeka-Beispiel ist das Eatkarus, der aufgrund seiner Übergewichtigketi den Traum vom Fliegen nicht verwirklichen kann. Hier wird das Interesse des Zuschauers geweckt, der nun unbedingt wissen möchte wie es weitergeht.
- Hauptteil: Der Konflikt spitzt sich weiter zu, der Held erfährt einen neuen Tiefpunkt und ist ratlos, wie er das Problem aus der Welt schaffen soll. Eatkarus z.B. versucht sich an verschiedenen Dingen wie Luftballons oder einem Drachen, scheitert aber immer wieder und steht nach seinem Sturz in den Schnee kurz vor der Resignation.
- Schlussteil: Jeder mag Happy Ends. Deswegen stößt der Held der Geschichte am Ende doch noch auf die Lösung und kann das Problem aus der Welt schaffen. Hier kommt es also zum Aha-Effekt beim Zuhörer. Eatkarus erkennt, dass eine gesunde Ernährung sein Übergewicht bekämpfen kann und erfüllt sich am Ende tatsächlich den Traum vom Fliegen. Besonders clever von Edeka: Der Aha-Effekt beschränkt sich hier nicht nur auf das Happy End des Helden, sondern ebenfalls auf die Aufdeckung der Marke, die hinter dem Video steckt.
Die Qual der Wahl: Das passende Format finden
Letztlich können Sie Storytelling im Marketing in jedem erdenklichen Format nutzen. Egal ob als Text, Bilderserie mit ein paar kurzen Sätzen oder als Video, Geschichten kann man in all diesen Formaten erzählen. Eine Unternehmensgeschichte kann z.B. als Artikel auf dem eigenen Blog oder natürlich als Video veröffentlicht werden. Eine fiktive Geschichte bietet sich vor allem dafür an, in Bild- oder Videoform dargestellt zu werden, während Mitarbeiter- und Kundengeschichten in allen Formaten umsetzbar sind.
Die Geschichte erzählen - aber wo?
Geschichten kommen überall gut an. Deswegen eignen sich auch viele Kanäle für eine Verbreitung. Letztlich können Sie die Entscheidung von Ihrem Format abhängig machen. Videos z.B. bieten sich dafür an, auf YouTube eingestellt zu werden, ein Artikel zu einer Mitarbeitergeschichte passt gut auf das eigene Corporate Blog. Unabhängig vom Format bieten sich dann soziale Netzwerke wie Facebook an, die eigenen Geschichten bekannt zu machen. Egal ob Sie auf Ihren Blog-Eintrag oder ein YouTube-Video verlinken, über Facebook und Co. können Sie Ihre Reichweite generell erhöhen.
Letztlich bietet Storytelling im Marketing das große Potenzial, sich von den Botschaften der Wettbewerber zu unterscheiden. Gutes Storytelling bleibt lange im Gedächtnis und kann eine bestimmte Geschichte fest mit einer Marke verknüpfen. Und je länger sich Ihre Zielgruppe an Sie erinnert, desto besser.
Sie möchten mehr zum Thema lesen? Bisher sind in der Serie "Marketing für kleine Unternehmen" folgende Artikel erschienen. Als Ergänzung würde ich Ihnen außerdem gerne unsere Reihe zum Thema "Online-Marketing für KMU" ans Herz legen!
- Marketing für kleine Unternehmen - eine Einführung
- Wer bin ich und wenn ja, warum? Das 1x1 des Marketings
- Marketing-Definition
- Marketing-Mix
- Marketingziele definieren
- Unique Selling Proposition
- Zielgruppe definieren - so klappt es
- Die Storytelling-Methode im Marketing
- Dialogmarketing für KMU - Individuell und persönlich
- Wie finde ich den richtigen Namen für mein Unternehmen?
- Wie gestalte ich die Suche nach der passenden Domain?
- Warum eine einfache Homepage besser ist als keine
- Sieben einfache Grundlagen zur Erstellung Ihrer Webseite
- Logo-Design Teil I - komprimiertes Marketing
- Logo-Design Teil II - Was muss ich beachten?
- Logo Design Teil III - Designer fragen oder selber machen?
- Logo-Design Teil IV - Was muss ich rechtlich beachten?
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